Was wäre wirklich klimaneutral? Der Ingenieur Werner Sobek liefert verlässliche Daten zur Umwelt- und Baupolitik – und fordert einen radikalen Systemwechsel.
Er hat als Ingenieur das Sony Center in Berlin gebaut, den Thyssenkrupp Aufzugtestturm in Rottweil, das Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart, das WM-Stadion in Sao Paulo, das Nationalmuseum in Katar und Hochhäuser in aller Welt. Werner Sobek arbeitete dabei jeweils mit den namhaftesten Architekten, hat Preise und Ehrendoktortitel gesammelt.
…..Sobek hat festgestellt, dass es Wichtigeres zu tun gibt. Bei der Entwicklung energiesparender Bauweisen und Nullenergiehäuser hat er den Blick stets aufs Ganze gesucht und erkannt, dass umweltbezogene Daten und Fakten, mit denen allgemein gearbeitet und argumentiert wird, häufig falsch sind. Es fehlt an Verknüpfungen, an Bewertungen, an der konsequenten Interpretation der verfügbaren Daten. Und er hat festgestellt, dass die besorgniserregenden Erkenntnisse der Wissenschaft nur höchst unzureichend in die politische Öffentlichkeit kommuniziert werden.
…Auch ist Holzanbau, das rechnet Sobek vor, keineswegs der unproblematische Königsweg, sein Effekt an CO2-Einsparung weitaus geringer als von Umweltpolitikern herbeigeredet.
…..Bauwesen trägt nicht zu 40, sondern zu 55 Prozent zum CO2-Ausstoß bei
Ein Beispiel: Die seit zwei Jahrzehnten kolportierte Gewissheit, dass der Betrieb des Gebäudebestands 40 Prozent des Primärenergieverbrauchs verursache. Es sind zwar nur 38 Prozent, doch das Bauwesen ist in signifikant höherem Maß für den CO2-Ausstoß verantwortlich. Denn Herstellung der Baumaterialien, Transport, Bau, Abriss und Recycling sind mitzurechnen, und schon ist man einschließlich Tief- und Verkehrsbau bei 55 Prozent.
Frank Jaeger, Tagesspiegel
Foto: Beispiel, der Bau der beiden Hochhäuser an der Paketposthalle verbraucht sehr viel CO2