Rathausnachrichten 27. Januar 2021: 10 Jahre Leerstand in der Marsstraße: Wie ist ein solcher Missstand zu erklären?

10 Jahre Leerstand in der Marsstraße: Wie ist ein solcher Missstand zu erklären?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 25.11.2020

Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:

Mit Schreiben vom 25.11.2020 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister Reiter gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.

In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
„In der gestrigen Ausgabe der Abendzeitung wurde zum wiederholten Mal von einem Leerstand in der Marsstraße berichtet. Bei dem betroffenen Gelände handelt es sich um ehemalige Betriebswohnungen und einen Betriebshof des Baureferates in der Marsstraße 76 in Neuhausen. Der Betriebshof wurde 2004 geschlossen. Die Wohnungen standen seit 2010 leer. Das Wohnhaus wurde später aufgrund des heruntergekommenen Zustandes durch jahrelangen Leerstand abgerissen. Seitdem ist das Gelände eine Brachfläche.
Die Quote an kommunalen Leerständen ist nach Angaben des Planungsreferates mit 0,55% vergleichsweise gering. Für die ganze Stadt wird mit einem Leerstand von 6,2% gerechnet. Jahrelanger Stillstand, wie an der Marsstraße, ist jedoch weiterhin nicht zu dulden. Die Stadt hat nicht nur eine Vorbildfunktion, sondern steht vor allem in der Verantwortung, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen für die vielen Menschen, die sich die hohen Münchner Mieten nicht mehr leisten können.“

Frage 1:
Wie begründet das Kommunalreferat, dass die Wohnungen in der Marsstraße seit 2010 leer standen und es bis 2019 für die Entscheidung gebraucht hat, auf dem Gelände günstige Mietwohnungen zu errichten?

Antwort:
Nach Abstimmung mit dem Kommunalreferat gestaltet sich die Sachlage derart, dass die Wohnungen an der Marsstraße 76 bis Ende 2009 von Mitarbeiter*innen des Straßenreinigungsstützpunktes der angrenzenden Klarastraße 11 genutzt worden sind. Bis 2012 war das Objekt im Bestand des Baureferates. Nach Übernahme im Zuge des Münchner Facility Management (mfm) hat das Kommunalreferat angesichts des Leerstandes und der Baufälligkeit des Gebäudes veranlasst, dass das Flurstück zum Zwecke einer neuen Wohnbebauung genutzt werden kann.Im Jahr 2013 folgte der Abbruch des auf dem Flurstück befindlichen Gebäudes aufgrund seiner Baufälligkeit im Hinblick auf die Verkehrssicherheit. Hiermit verbunden war die Zielsetzung, angemessenen Ersatzwohnraum in Form einer Bebauung im Kommunalen Wohnungsbauprogramm zu schaffen. Infolgedessen wurde mit Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates vom 29.4.2015 (Sitzungsvorlagen Nr. 14-20/V 02501) die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG München mbH als Bauträgerin für ein Wohnbauvorhaben im Kommunalen Wohnungsbauprogramm – Teilprogramm B ausgewählt. Aufgrund der Kleinteiligkeit konnte jedoch trotz intensiver Bemühungen keine Wirtschaftlichkeit der Baumaßnahme hergestellt werden, sodass die Bebauung nicht wie geplant umgesetzt werden konnte. Daher wurde mit Beschluss des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung vom 9.2.2019 (Sitzungsvorlagen Nr. 14-20/V 13525) entschieden, die GWG München auch als Bauträgerin des benachbarten Grundstückes Klarastraße 11 mit Wohnungen im München Modell-Miete auszuwählen.

Frage 2:
Aus welchen Gründen ist der Leerstand an der Marsstraße nicht in den beiden letzten Berichten zu Wohnungsleerständen 2018 und 2019 aufgelistet? Gibt es weitere kommunale Leerstände, die nicht in den Berichten aufgelistet sind?

Antwort:
Gegenstand der regelmäßigen Leerstandsberichte ist die Berichterstattung des Referates für Stadtplanung und Bauordnung über diejenigen städtischen Mietwohnungen, die länger als sechs Monate leer stehen. Die Zahl dieser sogenannten Leerstände beruht wiederum auf den Meldungen der Dienststellen und Beteiligungsgesellschaften mit eigenem Wohnraum bzw. Immobilienbesitz. Aufgrund der regen Neubau-, Sanierungs- und Modernisierungstätigkeit insbesondere der städtischen Wohnungsbaugesellschaften unterliegt der kommunale Leerstand einem ständigen Wechsel. In den Fällen, in denen Abriss und Neubau wirtschaftlicher sind als eine aufwändige Sanierung oder Modernisierung, entfallen mit dem Abriss eines Objektes die bisher leerstehenden Wohnungen.

Im vorliegenden Fall bleibt festzuhalten, dass die leerstehenden Wohnungen in der Marsstraße 76 im ersten Leerstandsbericht vom 18.12.2013 (Vorlagen-Nr. 08-14/V 13724) in der Anlage 6b dokumentiert worden sind. Hier wurde ausgeführt, dass u.a. der Rückbau der Haustechnik zur Vorbereitung des Abbruchs bereits im Mai 2013 abgeschlossen und eine Zwischennutzung daher nicht mehr möglich war. Als vorgesehene Maßnahmewar der Abbruch des Gebäudes aufgeführt, welcher im Dezember 2013 vollzogen wurde. Demnach gab es ab dem 1.1.2014 keine leerstehenden Wohnungen in der Marsstraße 76 mehr, sodass sie dementsprechend auch nicht mehr in den Leerstandslisten aufgeführt worden sind.

Frage 3:
Wann wurde die Abrissgenehmigung für das Vorderhaus in der Marsstraße 76 erteilt und mit welcher Begründung?

Antwort:
Der Abbruch des Vordergebäudes in der Marsstraße 76 war gemäß Art. 57 Abs. 5 Bayerische Bauordnung (BayBO) verfahrensfrei und daher nicht genehmigungspflichtig. Die jedoch nach Art. 57 Abs. 5 Satz 2 BayBO notwendige Anzeige für den Abbruch eines Einfamilienhauses (= Vordergebäude in der Marsstraße 76) ging am 21.6.2013 im zuständigen Baubezirksteam der Lokalbaukommission ein. Der Abbruch wurde nicht untersagt und dementsprechend durchgeführt.

Frage 4:
Aus welchen Gründen wurde der Baubeginn an der Marsstraße immer weiter verschoben?

Antwort:
Die Stadt München hat die GWG München mit Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates vom 29.4.2015 als Bauträgerin für ein Wohnungsbauvorhaben im Kommunalen Wohnungsbauprogramm – Teilprogramm B auf dem städtischen Grundstück Marsstraße 76 ausgewählt. Im Anschluss an die Stadtratsentscheidung zur Grundstücksvergabe und Aufnahme der Planungsarbeiten stellte die Gesellschaft fest, dass die vorgesehene alleinige Bebauung aufgrund der geringen Grundstücksgröße und der Lage (Lückenbebauung) nicht machbar war. Um eine wirtschaftlichere Bebauung, eine maximale Baurechtsausschöpfung und folglich mehr geförderten Wohnungsbau zu ermöglichen, wurde die GWG München daher mit Beschluss des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung vom 6.2.2019 ergänzend als Bauträgerin für das benachbarte Grundstück in der Klarastraße 11 ausgewählt. Auf einem Teil dieses Grundstücks ist ein Straßenreinigungsstützpunkt untergebracht, der an dieser Stelle bis zu seiner Absiedlung in das Kreativlabor an der Dachauer Straße noch benötigt wird. Dies wurde dem Stadtrat in vorgenannter Beschlussfassung frühzeitig dargelegt. Der notwendige temporäre Erhalt des Straßenreinigungsstützpunktes bei gleichzeitiger Realisierung der Neubaumaßnahme mit gefördertem Wohnraum bedingte umfangreiche Abstimmungsprozessezwischen der GWG München und den beteiligten städtischen Referaten. Darüber hinaus wurde erst nach Aufnahme der Gesamtplanung über beide Grundstücke bekannt, dass an den Grundstücken hinderliche Dienstbarkeiten (Baubeschränkung und Vormerkung eines Geh- und Fahrtrechtes zugunsten des Nachbargrundstückes) eingetragen sind. Die Folge war ein weiterer zeitaufwändiger Abstimmungsbedarf und in der Konsequenz die Verlängerung der Planungsphase auf Seiten der GWG München.

Sämtliche Unwägbarkeiten und Hindernisse konnten zwischenzeitlich jedoch behoben werden, sodass im Herbst 2020 von der GWG München der Antrag auf Baugenehmigung bei der Lokalbaukommission eingereicht werden konnte.

Frage 5:
Wie viel Wohnraum und wie viele Wohnungen sollen auf dem Gelände tatsächlich entstehen? Wann soll der Baubeginn sein und wann ist mit der Fertigstellung der Wohnungen zu rechnen?

Antwort:
Entsprechend ihres Antrages auf Baugenehmigung plant die GWG München im 1. Bauabschnitt die Realisierung von 33 geförderten Wohnungen an der Marsstraße und im Rückgebäude Klarastraße. Hier ist der Baubeginn für Sommer 2021 terminiert. Vorbehaltlich eines störungsfreien Bauablaufes wird die Fertigstellung Ende des Jahres 2022 erwartet. In einer zweiten, späteren Bauphase auf dem verbleibenden Teilstück an der Klarastraße besteht ein Potenzial zur Schaffung von nochmals ca. 20 geförderten Wohnungen.

Frage 6:
Bei wem sieht die Stadt München die Hauptverantwortung für den beschriebenen Leerstand und die anschließend brachliegende Fläche?

Antwort:
Die konkrete Verwendung eines städtischen Grundstückes beruht stets auf einem umfangreichen und oftmals zeitintensiven Austausch zwischen den beteiligten Fachdienststellen und der jeweils betroffenen städtischen Wohnungsbaugesellschaft. In diesem Zusammenhang geht es darum, gemeinsam die richtigen Entscheidungen zu treffen, um die nachhaltige Umsetzung von möglichst viel gefördertem Wohnraum zu ermöglichen. Dies wurde durch die Bildung des Gesamtvorhabens Marsstraße 76/Klarastraße 11 mit bis zu rund 50 Wohnungen statt einer alleinigen Bebauung der Fläche an der Marsstraße mit maximal 20 Wohnungen geschafft.Die Optimierung des Projektes erforderte zahlreiche, zeitintensive Abstimmungsprozesse.
Das erzielte Ergebnis kann sich sehen lassen und die Umsetzung wird in 2021 beginnen.
Vor dem Hintergrund, dass mehr als doppelt so viel geförderter Wohnraum realisiert werden kann, erscheinen diese Verzögerungen vertretbar.

Anmerkung der Redaktion: Das Grundstück ist immer noch nicht bebaut!

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