Leserbrief zum SZ-Artikel : „Gar nicht mal so hoch“

ine 33-köpfige Delegation der Stadt reist für 3 Tage nach Basel, um zwei Türme zu besichtigen und sich vom Archtikekten de Meuron deren Vorzüge erklären zu lassen. Nun, ich weiß nicht, wer diese Reise bezahlt hat (De Meuron? Büschl? Oder wir Steuerzahler?), aber das Ziel dieses Ausflugs ist wohl klar: den Zweiflern an den geplanten Büschl-Türmen in München die letzten Bedenken zu nehmen – das „Bewahrungsdenken“, wie Frau Hanusch es ausdrückt – und sie für das Projekt zu begeistern. Die La Roche Türme (165m) in Basel sind „gar nicht mal so hoch“, meint Pierre de Meuron und Jörg Hoffmann (FDP) findet: „Hier zeigt sich ja, dass die Türme zur Stadt passen“ und ergänzt, man müsse das Hochhausthema unideologisch angehen.

 

Unideologisch – soll heißen: ohne über Ressourcenschutz (Kies, Sand), Klimawandel (CO²- Emissionen bei Bau und Betrieb) und die Folgen für die umliegenden Bewohner (z.B. mehr Beschattung) oder gar für alle Münchner (z.B. mehr Hitzetote durch mehr Beton und weniger Grün, mehr Enge, mehr Verkehr…) nachzudenken.

Paris ist uns diesbezüglich weit voaraus: aus Klimaschutzgründen wurde die Höhe von Hochhäusern auf 37m begrenzt. München begnügt sich mit Absichtserklärungen (Klimanotstand), das wird nicht viel helfen.

 

Dass Basel mit seiner starken Wirtschaftskraft immer mehr Menschen anzieht, wird den meisten unserer Stadtpolitiker gefallen. Allein die 3000 Arbeitsplätze, die in den Büschl-Türmen entstehen sollen, würden 3000 Arbeitskräfte aus der ganzen Welt anlocken. Sie kommen mit ihren Familien – und mit ihren Autos und Zweitautos. Allein dafür brauchen wir 3000 neue Wohnungen und 3000 – 5000 neue Pkw-Stellplätze. Das freut natürlich die Investoren. Die Wohnungsnot wird dadurch nicht geringer.

 

Es gab in München einmal einen klugen Bürgermeister, einen echten Sozialdemokrat. „Menschlichkeit kommt vor der Rendite“, war seine Überzeugung, und „Wachstum ist nicht immer und unter allen Umständen erstrebenswert“. Er hieß Georg Kronawitter und er setzte sich für mehr Grün und eine Hochhausgrenze ein.

 

Heute fordern die meisten Stadtpolitker Hochhäuser: je mehr, desto besser, je höher, desto schöner. Es geht um Wirtschaftswachstum, um „Strahlkraft“ und Prestige.

Wir müssen bauen, damit Wohnen billiger wird, bauen für die Erzieher:innen, den Krankenpfleger:innen und Busfahrer:innen, bauen für die, die die Stadt am Laufen halten“, hört man von allen Parteien. Wozu brauchen wir dann sündteure Hochtürme?

 

Die Drei-Tage-Exkursion hätte man sich sparen können. Heutzutage lässt sich alles minutenschnell „googeln“, z.B., dass in Basel – wie in München – durch das rasante Wirtschaftswachstum die Wohnungen immer unerschwinglicher werden, oder, dass viele Büroräume leer stehen. „Der drohende Büroleerstand ist für die Stadtplanung eine Herausforderung“, meint der Leiter der Stadtplanung Basel. Auch Architekten sind skeptisch: “Den Roche Türmen fehlt es an Weitsicht…Heute erscheinen sie als zu monumental, zu klimafeindlich”” heißt es in der Zeitschrift „bz Architektur“. Wollen wir dem wirklich nacheifern?

 

Mein Vorschlag: Die nächste Exkursion soll nach San Francisco gehen. Dort kann man Bürohochhäuser bewundern, die zum großen Teil leer stehen. Auch dort hat man nämlich die Vorzüge des Home-office entdeckt: Es arbeiten mittlerweile nicht mehr halb so viele Leute in Büros wie vor 3 Jahren.

Sonja Sachsinger, München

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