Münchner Feuilleton Ausgabe August/September 2022: Hochhaus an der Paketposthalle? Eine Diskussion

Die Diskussion um das Hochhaus an der Paketposthalle erhitzt schon seit Längerem Münchens Gemüter. Im Spot unserer Sommerausgabe haben wir unterschiedliche Ideen und Perspektiven gesammelt. Hier die Position des Architekten, Autoren und Journalisten Wolfgang Jean Stock. Mehr finden Sie in unserem PDF.

….Es ist ja kein Wunder, dass die Debatte über die geplanten Hochhäuser auf dem Paketpost-Areal seit nunmehr drei Jahren so heftig geführt wird. Bei diesem Projekt bündeln sich alle Probleme aktueller Stadtentwicklung: Städtebau und Stadtbild, Denkmalschutz, Dominanz von Investoren, Schwäche der kommunalen Politik, Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Im Kern geht es bei der Debatte um die Frage, wer die Entwicklung bestimmt: ein Investor – oder die Bürgerschaft. Kritisch hinterfragt wird auch die Rolle der »Stararchitekten« Herzog und de Meuron, die sich um München bislang verdient gemacht haben: besonders durch die Fünf Höfe und die Fußballarena. Im Vergleich dazu ist es geradezu jämmerlich, was sie für das Hochhauspaar an der Paketposthalle vorschlagen: Im überarbeiteten Entwurf sind es nun zwei klobige Bolzen mit albernen Schrägaufzügen. Interessant dabei ist, dass die neue städtische Hochhausstudie an diesem Ort gar keine Hochhäuser vorsieht.

….Ja, in München muss künftig flächensparender und höher gebaut werden – in der Messestadt Riem wurde dies leider versäumt. Riesige Wohnhochhäuser mit all ihren negativen Folgen sind aber keine Lösung. Selbst Jacques Herzog sagte ja im »SZ«-Interview: »Es gibt sicher Gründe, die dafür sprechen, dass man aus ökologischen Gründen weniger hoch baut.« In München zeigt ein Klassiker, wie man Dichte und Lebensqualität, Urbanität und gutes Mikroklima unter einen Hut bringt: die Borstei mit ihren großzügigen Grünflächen. Welchen Ausweg aus der beim Paketpost-Areal verfahrenen Situation gibt es? Die Stadt muss vom »Masterplan« des Investors mitsamt den leeren Versprechungen für die Nutzung der Paketposthalle Abschied nehmen und einen städtebaulichen Wettbewerb ausschreiben – ganz so, wie es der renommierte BDA Bund Deutscher Architektinnen und Architekten München-Oberbayern fordert.
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2 Kommentare

  1. Danke. Sehr gut. Nur: Die neue (im gegensatz zur aktuell gültigen) Hochhausstudie sieht genau an der Stelle Hochhäuser ohne Höhenbeschränkung vor. Verfasst wurde die Studie von 03 Architekten (die übrigens auch für Investor Büschl bauen) pünktlich zu den Planungen an der Paketposthalle. Und genau diese Schmierenkomödie ist doch an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Ob ein städtebaulicher Wettbewerb hilft, wenn eine Stadtplanung dort Hochhäuser dieser Größenordnung will, bleibt allerdings fraglich. Denn gerade wettbewerbserfahrene Büros studieren Auslobungen sehr genau. Am Ende kommt – wie beim Bürgergutachten das raus – was bestellt wurde. Welchen Ausweg gibt es? Zuallererst muss der Denkmaleigentümer Büschl – wie jeder andere Denkmaleigentümer auch – ein belastbares Nutzungs- und Instandsetzungskonzept erarbeiten und seriös Kosten ermitteln. Denn so wenig, wie sich Herr Büschl bisher mit der Nutzung der denkmalgeschützten Paketposthalle beschäftigt hat, erwarte ich andernfalls folgendes Szenario: Er erhält maximales Baurecht und danach stellt sich heraus, dass die Halle angeblich nicht sanierbar ist. Wäre nicht das erste Mal, dass Projektentwickler Büschl ein Baudenkmal “wegentwickelt”. Osram lässt grüßen. https://www.denkmalnetzbayern.de/erhaltenswerte-denkmaeler-bauten-gaerten/verloren/verwaltungsgebaeude-der-osram-gmbh-in-muenchen und https://www.bueschl-gruppe.de/ehemaliges-osram-gelaende/

  2. Hochhäuser Paketposthalle:
    Im Artikel findet sich der Satz:
    “Besonders die von ihr genannten Mailänder Bauten »Bosco Verticale« (Bäume und Sträucher auf den Terrassen) gelten in der Fachwelt wegen des enormen technischen Aufwands als unökonomisch und unökologisch. ”
    Ganz herzlichen Dank dafür.
    Vor einiger Zeit stellte die Stadt in einer Abendveranstaltung stolz ein im Münchner Osten geplantes Hochhaus (nur 84 m vor), welches rundrum von Pflanzkästen aus Beton umgeben war. Hinter den Pflanzkästen umlaufende schmale Gänge, von denen aus der Hausmeister regelmäßig abgestorbene Pflanzen durch neue ersetzen können sollte, außerdem eine Rundum-Wasserleitung, weil alle diese vertikalen Wälder sonst noch mehr unter Dürre leiden als der Wald in Brandenburg. Eine Farce: Aber grün angestrichen.
    Wald gehört auf den gewachsenen Boden. Menschen gehören in Häuser, wo sie zu Fuß bis oben hin kommen. Häuser gehören unter geringstem Materialverbrauch gebaut und da sind Hochhäuser gerade das Gegenteil davon.
    Nebenbei, in unserem Haus (3 Stockwerke + Keller) verursacht der Lift die meisten Nebenkosten. Obwohl nur 2 Parteien ihn regelmäßig nutzen.

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