Offener Brief zum Bürger:innen-Gutachten, dass im Februar 2022 veröffentlicht wurde

München, den 20. März 2022

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Reiter,

es ist ja schön, dass schon vier Monate nach Beendigung des Bürger:innen-Gutachten, wir Münchnerinnen und Münchner über die Heimatzeitungen erfahren. An Vier Tagen konnten sich 112 zufällig(!) ausgewählte Bürger:innen in diversen Workshops und Vorträgen informieren und haben sich für die weiterführende Planung ausgesprochen. Ursprünglich sollten es 100 sein, dann wurde auf 120 erhöht und am Schluss waren es 112 – warum auch immer wird nicht erwähnt!

Wie Sie vielleicht wissen, war der Bürgerdialog Online, Mitveranstalter der Ausstellung „München von oben herab“, die im Oktober 2021 im Geranienhaus des Schlosses Nymphenburg stattfand. Die Gästebucheinträge der Besucher:innen, die nicht mit Workshops und Vorträgen des Investors und des Planungsreferates beeinflusst wurden, sprechen eine andere Sprache als die der Bürger:innen-Gutachter!

Kritikpunkte sehen wir bei folgenden Themen:

  1. Nachhaltiges Quartier
    – beim Bau der beiden Hochhaus-Türme entsteht weit mehr CO2, als der gesamte LKW-Verkehr in einem Jahr in Deutschland, die Klimaanlagen, die für die Kühlung/Heizung der HH-Türme mit Glasfassaden benötigt werden, stoßen dauerhaft CO2 aus – was ist da bitte nachhaltig?
  2. Mehr Grün- und Freiflächen
    – die zum Teil begrünten Fassaden werden den „öffentlichen Grünflächen“ hinzugerechnet – sind aber nicht zugänglich, da ja bekanntlich eine Fassade vertikal verläuft!
    Die geplanten Freiflächen sind mit einer Tiefgarage 3 Stockwerk tief unterkellert und das betrifft fast das ganze Areal bis auf wenige Quadratmeter
  3. Masterplan
    – dieser wurde erst nach Präsentation (ohne vorherigen Architekturwettbewerb) der beiden Hochhaus-Türme erstellt
    (ein Masterplan kann aus einem Architekturwettbewerb oder eine offenen Bürgerbeteiligung hervorgehen; Quelle: https://dewiki.de/Lexikon/Masterplan_(Stadtplanung))
  4. Hochhäuser bauen – architektonisch weiterentwickeln
    – die beiden Hochhaustürme werden durch ihre Glasfassaden, weitere Hitzeinseln bilden
  5. Nutzung der Paketposthalle
    – Die Sanierung der Halle kostet mehrere Millionen EURO, die zwar angeblich der Investor bezahlt, den weiteren Unterhalt zahlen die Bürgerinnen und Bürger der Stadt?
  6. Mehr Informationen
    – die geschönten Visualisierungen von Herzog & de Meuron zeigen nicht die Realität, Glasfassaden wirken eher schwarz als transparent
  7. Schweigende Mehrheit
    – es waren nur 112 zufällig ausgewählte Bürger:innen, die Mehrheit konnten sich also dazu gar nicht äußern! 112 Menschen sollten so die Meinung für knapp 1,7 Mio. Einwohnern der Stadt, für ein wirklich repräsentatives Gutachten abgeben?

Zu den Angaben im Impressum:
– Verfasserinnen und Verfasser sind die 112 Bürger:innen-Gutachter; diese haben vieleicht den Inhalt erarbeitet, verfasst wurden sie entweder vom beauftragten Nexus-Institut oder vom Planungsreferat!

Im Titel steht: Bürger:innen-Gutachten 2022, diese Angabe ist falsch! Es fand 2021 statt.

Interessant ist auch, dass das Planungsreferat/Nexus-Institut auf Seite 73 des Gutachtens die Flächengröße in Kubikmetern angibt, statt in Quadratmetern!

 

Gerne leiten wir Ihnen einige der Gästebucheinträge aus der Ausstellung „München von oben herab“ zu.

 

Mit freundlichen Grüßen

Robert Hölzl

PS: zu diesem Bürger:innen-Gutachtern passt Ihre Aussage vom 11. Dezember 2021:
„Ich habe überhaupt keine Lust darauf und keinen Anlass, über die Dinge, die der Stadtrat nach einer Bürgerbeteiligung entscheiden kann, noch einmal die Bürger zu befragen“

Foto: Visualisierung anhand der Aktion der Stadt München mit den Höhenballons im September 2021

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