Mythos Hochhaus von Claudia Bernhard

In Bremen und Bremerhaven gibt es 29 Hochhäuser mit mehr als 40 m Höhe. Die meisten davon stammen aus den 1960er und 1970er Jahren. Nur drei sind später als 1979 gebaut worden: Das Sail City, der Weser Tower und der Landmark Tower. Bremen und Bremerhaven sind bislang keine Hochhaus-Städte.

Das kann sich ändern. Wie in anderen Städten auch, wächst das Interesse, neue Hochhäuser zu bauen. Die Standorte konzentrieren sich dabei auf die Innenstadt Bremens. Bremen steht vor der Entscheidung, ob das Stadtbild künftig in verstärktem Maße von Hochhäusern geprägt sein soll, oder nicht.

….In Deutschland wird der Begriff Hochhaus in den Bauordnungen dann angewandt, wenn der Fußboden mindestens eines Aufenthaltsraumes mehr als 22 Meter über der Geländeoberfläche liegt. Das entspricht einem Gebäude von 8 Stockwerken und mehr. International wird die Grenze häufig bei 40 m Höhe gezogen. Ab 100 m spricht man von sehr hohen Hochhäusern (Wolkenkratzer).

Claudia Bernhard, Sprecherin für Stadtentwicklung, Bau und Wohnen Fraktion DIE LINKE in der Bremischen Bürgerschaft

Eine besondere Fehlkonstruktion ist der „Walkie Talkie“ in London, dessen verglaste und konkave Fassade Sonnenlicht bündelte. Nach Klagen wegen versengten Fahrradsatteln und geschmolzenen Autodächern musste an der Fassade ein nachträglicher Sonnenschirm angebaut werden.

2008 erwarb der Investmentfonds Mubadala (Abu Dhabi) das Chrysler Building in Manhattan für 800 Mio. Dollar. Im März 2019 verkaufte der Fonds das Gebäude an den Karstadt-Eigner René Benko und die Immobilien-Holding von Aby Rosen – für nur noch 150 Mio. Dollar.

Schlussfolgerungen

  • Für hohe Einwohnerdichte und genügend Nutzfläche für die Zwecke von Wohnen und Arbeiten sind Hochhäuser nicht notwendig. Urbane Verdichtung kann mit anderen Formen der Bebauung einfacher, nachhaltiger, wirtschaftlicher und in einer besser akzeptierten Weise erreicht werden.
  • Hochhäuser sind keine Lösung für das Problem bezahlbaren Wohnraums. Die wesentliche Funktion von Hochhäusern ist es heute, zusätzliche, geballte Mengen an hochpreisigem Wohn-, Gewerbe-, oder Büroraum in der funktionalen und symbolischen Mitte der Stadt zu etablieren. Der aktuelle Hochhaus-Boom beruht auf dem Zufluss internationalen Kapitals, das spekulative Anlageobjekte sucht, und auf den hohen Renditen der Projektentwickler. Dass Hochhäuser derzeit vor allem als Symbole sozialer Ungleichheit und investorengetriebener Stadtentwicklung wahrgenommen werden, ist berechtigt.
  • Die Umweltbilanz von Hochhäusern ist eher negativ. Sie verbrauchen in der Herstellung und im Betrieb überproportional viele Ressourcen.
  • Hochhäuser sind risikoreiche Investitionen. Sie können häufiger den Besitzer wechseln, verlieren erheblich an Wert und sind aufwendig zu erhalten. Heruntergekommene Hochhäuser sind eine erhebliche Belastung für den Stadtteil und die öffentliche Hand.
  • Unverzichtbare Ansprüche auf soziale Durchmischung, gute Gemeinschaftsräume, Öffnung zur Stadt sowie öffentlich zugängliche Dachetagen und Erdgeschosse, lassen sich mit den wirtschaftlichen Interessen privater Investoren in der Regel nicht vereinbaren. Zusammenfassend muss daher sehr genau abgewogen werden, ob ein Hochhausbau in der Bremer Innenstadt oder in den gewachsenen Quartieren zu rechtfertigen ist.

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Ein Kommentar

  1. „Wenn Hochhäuser zugelassen werden, führt dies unweigerlich zu einem Steigen der Bodenpreise, denn Bodenpreise spiegeln letztlich mögliche Gewinnerwartungen auf der Fläche wider. Aus Sicht von Investoren gibt es einen starken First-Mover-Advantage, d.h. Extraprofite für Projekte, die als erste eine neue Höhengrenze genehmigt bekommen, bevor der Bodenmarkt die Veränderung nachvollzieht. Das gilt auch für die lukrativen „Höhenaufschläge“ in den obersten Stockwerken. Sobald ein 150-m-Projekt genehmigt wird, sind die Penthäuser im vorherigen 100-m-Projekt nicht mehr so attraktiv. Neue Investoren wollen daher grundsätzlich immer höher bauen. Während die Investoren ihre Gewinne vor allem in den ersten Jahren des Lebenszyklus eines Hochhauses machen, findet sich später oft niemand mehr, der bereit ist die steigenden Instandhaltungskosten zu finanzieren. Bekannte Pleite-Immobilien sind der Luxuswohnturm Onyx in Frankfurt oder der 107m hohe Gewa-Tower (Schwabenlandtower) in Stuttgart. Beide gingen bereits vor Fertigstellung in Konkurs, die Kosten liefen vollständig aus dem Ruder. Die Eigentümergesellschaft des Obel Tower (85m Hoch) in Belfast meldete 2012 Konkurs an. Das Ponte City in Johannesburg, einst als noble Adresse gestartet, ist inzwischen heruntergekommen und verwahrlost. In all diesen Projekten wurden entweder die Herstellungs- oder die Unterhaltskosten komplett unterschätzt. Die jeweiligen Stadtverwaltungen müssen sich nun mit den Konsequenzen daraus herumschlagen. Abgesehen vom Preisverfall können solche Fehlinvestitionen ganze Stadtteile herunterziehen, wofür es auch in Bremen Beispiele gibt. Eine verantwortliche Städtebauplanung muss solche Aspekte einbeziehen.“

    Das größte Problem Münchens sind bereits jetzt (!) die hohen Bodenpreise. Die Frage ist also: Warum unterstützen die Süddeutsche Zeitung, der Plantreff, der Bezirksausschuss Neuhausen, der Münchner Stadtrat und Oberbürgermeister Reiter zwei Wolkenkratzer, die dieses Problem noch verschärfen? Ist die sog. „Intensivkommunikation“ mit Heller und Partner am Ende weniger Kommunikation als vielmehr Manipulation? Wer arbeitet für wen? Und wer bezahlt wen?

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