München: Mühlenweg 25, Baurecht vor Baumrecht?

Baurecht vor Baumrecht? Fällung einer 200 Jahre alten Eiche in Pasing
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Katrin Habenschaden, Dominik Krause und Sabine Krieger (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 20.11.2019

Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:

Mit Schreiben vom 20.11.2019 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.

In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
Anlass für Ihre Anfrage ist die Fällung einer 200 Jahre alten Eiche auf dem Grundstück Mühlerweg 25 in Pasing am 18.11.2019. Das Grundstück sei, so Ihre Ausführungen, erst 2018 unter Hinweis auf eine „große, geschützte Eiche“ versteigert worden. Medienberichten zu Folge habe das Amtsgericht den Wert des Grundstücks mit Blick auf die geschützte Eiche „verhältnismäßig niedrig“ angesetzt. Ferner hieß es in der Berichterstattung, dass die Fällung seitens der Unteren Naturschutzbehörde bereits einmal abgelehnt worden sei. Die nun erfolgte Fällung der Eiche gehe ebenfalls auf die Untere Naturschutzbehörde (UNB) zurück, die in einem kürzlich erstellten Gutachten festgestellt habe, dass der Baum eine stark abbauende Tendenz und einen Totholzbestand im Starkastbereich aufweise.

Frage 1:
Was genau besagt das Gutachten der UNB, auf welches die Fällung der Eiche im Mühlerweg 25 zurückgeht?

Antwort:
Die Erlaubnis zur Fällung der Eiche auf dem Grundstück Mühlerweg 25 wurde im Rahmen der Baugenehmigung zum Bauvorhaben „Neubau eines Sechsfamilienhauses mit Tiefgarage“ am 26.6.2019 erteilt. Die Baugenehmigung war zu erteilen, da das Vorhaben den einschlägigen baurechtlichen Vorgaben entspricht. Das Bauvorhaben ist planungsrechtlich zulässig nach § 30 i.V.m. § 34 Baugesetzbuch (BauGB )-Grundfläche, Firsthöhe und Wandhöhe sind im Geviert vorhanden. Tiefgaragen sind ebenfalls im Geviert vorhanden.
Die zur Fällung beantragte Eiche konnte aufgrund der zentralen Lage im Bauraum nicht erhalten werden. Die baumschutzrechtliche Gestattung war im Rahmen der Baugenehmigung unabhängig vom Vitalitätszustand zu erteilen.

Frage 2:
Warum hat die UNB eine Fällung ursprünglich abgelehnt?

Antwort:
Im Jahr 2016 wurde eine Fällgenehmigung für die Eiche beantragt mit der Begründung, das bestehende Wohnhaus werde unzumutbar beschattet. Bei der Entscheidung, ob die von einem geschützten Baum naturgemäß ausgehende Verschattungswirkung den Grad einer unzumutbaren Beeinträchtigung erreicht und die Erteilung einer Fällgenehmigung gemäß § 5 Abs.1 Ziffer 2 Baumschutzverordnung rechtfertigt, ist nach gängiger Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzulegen. Die Überprüfung von Baum und Wohnobjekt vor Ort ergab, dass der Stamm der Stiel-Eiche sechs Meter vom Gebäude entfernt situiert war und eine vom Baum ausgehende unzumutbare Verschattung von Wohnräumen nicht vorlag. Zudem bestand die Möglichkeit, durch die genehmigungsfreie Entfernung der in Wohnhausnähe vorhandenen natürlichen Verjüngung, also von Gehölzen, die noch nicht unter die Baumschutzverordnung fallen, den natürlichen Lichteinfall in die Wohnräume auch unter Erhalt der Eiche zu erhöhen.

Nach Abwägung aller in diesem konkreten Fall bei der Beurteilung des Fällantrags in Betracht zu ziehender Belange kam die Untere Naturschutzbehörde daher 2016 zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 Baumschutzverordnung nicht vorlagen. Da weder der Bestand noch die Nutzbarkeit des vorhandenen Gebäudes in unzumutbarer Weise durch die Eiche beeinträchtigt waren, wurde der Antrag auf Erteilung der Genehmigung zur Fällung der Stiel-Eiche abgelehnt .

Frage 3:
Gab es bereits früher (z.B. vor der Versteigerung des Grundstücks Mühlerweg 25 im Jahr 2018) Gutachten der UNB zur Eiche? Falls ja was besagten diese?

Antwort:
Ja. Die Ortsbesichtigung durch die Fachgutachterin der Unteren Naturschutzbehörde im Rahmen der Überprüfung des Fällantrages wegen unzumutbarer Verschattung des bestehenden Wohngebäudes im Jahr 2016 hat hinsichtlich des Vitalitätszustandes der Eiche Folgendes ergeben:

„Die Stiel-Eiche mit 376 cm Stammumfang steht dominant in einer Gruppe von Bäumen im Garten des Anwesens Mühlerweg 25. Die arttypische Krone zeigt einen leicht abbauenden Versorgungszustand mit einzelnen ab-gestorbenen Ästen (Totholz) im unteren Kronenbereich. Zum Teil sind von den Zweigspitzen her absterbende Äste vorhanden. Dies ist altersbedingt normal, der Baum befindet sich in der Alterungsphase. Im Stamm- und Wurzelbereich sind keine Schadensmerkmale erkennbar. Nach Sichtkontrolle ist die Standsicherheit gewährleistet. Aus fachlicher Sicht ist eine fachgerechte Kronenpflege mit Totholzentnahme zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit erforderlich. Eine Entnahme einzelner Grobäste kann genehmigt werden, da seit Jahrzehnten keine Kronenpflege durchgeführt wurde. Nach Entfernung des Totholzes ist auch die Bruchsicherheit und damit die Verkehrssicherheit des Baumes wieder gegeben.“
Darüber hinaus fand im Rahmen der Prüfung der Naturdenkmalwürdigkeit der Eiche im Juli 2017 eine Begutachtung durch den für Naturdenkmäler zuständigen Fachmann der Unteren Naturschutzbehörde statt. Dieser hat bei der Besichtigung vor Ort festgestellt, wie in Ihrer Begründung zur Anfrage zitiert, dass der Baum eine stark abbauende Tendenz zeigt und Totholzbesatz im Starkastbereich aufweist. Diese Feststellung war jedoch nur von Relevanz für die Beurteilung der Naturdenkmalwürdigkeit, die in der Gesamtbetrachtung nicht bejaht wurde.

Daher entschied man sich, eine in Vitalität und Pflegezustand weitaus bessere Eiche in die Vorschlagsliste der neu als Naturdenkmal auszuweisenden Bäume aufzunehmen. Diese steht im Vorgarten des Grundstückes Paosostraße/Ecke Mühlerweg und befindet sich damit in unmittelbarer Nähe zum Anwesen Mühlerweg 25.

Durch ihren Standort im Vorgarten des Anwesens entfaltet diese Eiche eine besondere orts- und straßenbildprägende Wirkung.

Die Beurteilung des Vitalitätszustandes im Zusammenhang mit der Prüfung der Naturdenkmalwürdigkeit war nicht ausschlaggebend für die Beurteilung der beantragten Fällgenehmigung im Rahmen des Bauantrages. (vgl. Antwort zu Frage 1)

Frage 4:
Falls das in Frage 1 genannte Gutachten von früheren Gutachten abweicht, wie erklärt sich die UNB diese Abweichungen?

Antwort:
Es gibt kein abweichendes Gutachten. Die Erteilung der Fällgenehmigung im Rahmen der Baugenehmigung stützt sich auf § 5 Abs. 1 Ziffer 1 Baumschutzverordnung. Die Entfernung wurde auf Antrag genehmigt, weil aufgrund geltender baurechtlicher Vorschriften ein Anspruch auf Genehmigungdes beantragten Bauvorhabens bestand, dessen Verwirklichung ohne eine Entfernung der Eiche nicht möglich gewesen wäre. Grund für die Erteilung der Fällgenehmigung war also nicht eine abweichende Beurteilung des Vitalitätszustandes des Baumes, sondern dessen zentrale Lage im Bauraum.

Frage 5:
Wer hat das Gutachten/die Gutachten der UNB in Auftrag gegeben?

Antwort:
Aufgrund des Fällantrags 2016 erfolgte eine Begutachtung durch die für Fällgenehmigungen außerhalb von Baugenehmigungsverfahren zuständige Fachgutachterin der Unteren Naturschutzbehörde.
Die Prüfung der Naturdenkmalwürdigkeit der Eiche im Juli 2017 führte die für Naturdenkmäler zuständige Fachkraft der Unteren Naturschutzbehörde durch. Siehe Antwort zu Frage 3.

Frage 6:
Wann darf mit der Veröffentlichung des Gutachtens/der Gutachten durch die UNB gerechnet werden?

Antwort:
Die gutachterliche Bewertung der Eiche ist in den Antworten zu Frage 3 und 5 wiedergegeben.

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