Datum/Zeit
Di, 19. Sep. 2023, 17:00 - 19:00
Veranstaltungsort
BR, Rundfunkplatz, Rundfunkplatzz 1, 80335 München
Kategorien
Am Dienstag, 19.9.2023 um 17 Uhr
Rundfunkplatz 1, 80335 München
Festakt mit Künstlern und Überraschungsgästen!
Abbruch – und dann?
Was ist eigentlich geplant?
Aus dem SZ-Artikel „Der Studiobau ist das Herz des BR“ von Sebastian Krass, 28.2.2023:
Der Sender will sein Stammgelände in großem Stil neu bebauen, wenn der Umzug des Großteils der Belegschaft nach Freimann abgeschlossen ist. Um Platz für Neues zu machen, soll der Studiobau, auch bekannt als Funkhaus, weichen, das hat der damalige Intendant Ulrich Wilhelm bereits Ende 2020 gesagt. Und so schrieb es auch die Abteilung „Interne Kommunikation“ im März 2021, als die neue Intendantin Katja Wildermuth im Amt war, in einem Intranet-Beitrag des BR heißt es „Sicher ist bereits, dass das Studiogebäude an der Marsstraße zurückgebaut werden muss.“
Derzeitiger Stand sei, dass der Umzug nach Freimann „voraussichtlich erst Ende 2025 abgeschlossen sein wird“, erklärt ein BR-Sprecher. Dann, so die Planung, soll auf dem Stammgelände „ein lebendiger Mediencampus“ entstehen, der „eigene Nutzungen mit Drittnutzungen verbindet“. Ein Kalkül ist dabei, mit der Vermietung von neu gebauten Flächen für Büros und andere Nutzungen erhebliche Einnahmen für den BR zu generieren. Auch ein Multifunktionssaal ist vorgesehen, der für Konzerte genutzt werden könnte.
Die Stadt München hat in Abstimmung mit dem BR bereits im Jahr 2021 den Umwandlungsprozess gestartet, der Stadtrat fasste den Aufstellungsbeschluss für einen neuen Bebauungsplan für das gesamte Areal zwischen Arnulfstraße, Hopfenstraße und Marsstraße. In der Debatte damals gab die Kommunalpolitik dem BR den Auftrag, das Verwaltungs-Hochhaus an der Arnulfstraße zu erhalten – auch er stand ursprünglich zur Disposition.
Nächster Schritt sollte ein städtebaulicher Wettbewerb werden. Doch der BR hat erst einmal auf Pause gedrückt. Man habe den Wettbewerb „zunächst zurückgestellt“, sagt der Sprecher. Derzeit schaue man „das Gesamtprojekt“ noch einmal an, wegen der Auswirkungen der Pandemie, möglicher neuer Arbeitswelten und der gestiegenen Kosten am Bau. „Vor allem mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit in Bau und Betrieb prüfen wir derzeit das weitere Vorgehen“, erklärt der Sprecher. Auf detaillierte Fragen zur kulturellen Bedeutung des Studiobaus und dessen Zukunft sowie zum gesamten Zeitplan geht er nicht ein.
Warum kann der Studiobau nicht erhalten werden?
1. Die Sanierungskosten seien zu hoch
Aus einem internen Schreiben vom 2. August 2023 geht hervor: „Bisherige interne Schätzungen aus dem April 2023 gingen von gut 220 Millionen Euro für die Sanierung des Studiobaus aus. Ein externes Gutachten von Mitte Juli 2023, das am 17. Juli auch im Verwaltungsrat des BR thematisiert wurde, bestätigt diese Einschätzung und verschärft sie sogar. Danach werden die Sanierungskosten für den Studiobau auf rund 300 Millionen Euro veranschlagt. Das wäre über 100 Millionen Euro teurer, als ein kompletter Abriss und Neubau eines Multifunktionskomplexes plus weiterer erforderlicher Flächen kosten würde.“
Wie sich die Berechnungen genau zusammensetzen, wird nicht offengelegt.
Mit einem Abriss des Funkhauses beschäftigt sich der BR offenbar schon seit vielen Jahren. Bereits 2011 war die Unternehmensberatung McKinsey vor Ort. 2015 erstellte das Ingenieurbüro „PGA Planung Gutachten Analytik GmbH“ im Auftrag des BR ein „Abbruchkonzept Funkhaus München Haus 05 Studiobau“ (vgl. Referenzen auf deren Internetseite). Abrisskosten sind dort keine genannt.
Schätzungen von Experten gehen von 30 Millionen aus.
2. Brandschutz
Fehlender Brandschutz ist bei Gebäuden im Bestand fast immer das Totschlagargument für einen Abriss. Die Raum-in-Raum-Konstruktion mit den dahinterliegenden Lufträumen erfüllen die heutigen Brandschutzvorgaben nicht mehr, weil sich in ihnen unbemerkt Feuer ausbreiten könne. Eine Sanierung sei deshalb zu kostspielig.
Leider durften wir weder das alte Brandschutzgutachten des BR noch das neue Sanierungsgutachten vom Frühjahr 2023 einsehen. Nach der Insolvenz der Startup-Firma, die die Räume mit KI für nur ein Drittel der herkömmlichen Brandschutzkosten überwachen hätte können, fällt nunmehr aus. Aber:
Generell ist klarzustellen, dass es möglich ist, jedes Gebäude brandschutztechnisch so zu ertüchtigen, dass es den aktuellen Brandschutzvorschriften gerecht wird. So ist der Betrieb und Aufenthalt, sowie Veranstaltungen im Studiobau bis heute von der Brandschutzdirektion München gestattet.
Bei der Neukonzeption des Gebäudes kann auf den bereits bestehenden Brandschutz aufgebaut werden. Bei sogenannten ’nicht geregelten Sonderbauten‘ ist der Brandschutz im Einzelfall zu erarbeiten. Im Gegensatz zum Standard – ‚Brandschutznachweis‘ wird alternativ ein ‚Brandschutzkonzept‘ mit Abweichungen möglich.
Die baulichen, technischen, digitalen und organisatorischen Möglichkeiten zur Herstellung eines für die Zukunft sicheren Gebäudes – hinsichtlich des Brandschutzes – sind mannigfaltig. Die aktuellen Anforderungen sind im Studiobau realisierbar und dadurch ist das Gebäude, bezüglich des rechtlichen Brandschutzes, zukunftsfähig, sagen Experten.
„Brandschutz ist immer machbar, wenn beide Seiten es wollen“, sagt Nicola Halder-Hass vom Vorstand des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz und im Vorstand des Verbands „Für Bauen im Bestand“. Und weiter: „Wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz, neue Denkweise und Dialogkultur sowie angepasste Normen und Verordnungen, damit eine Transformation weg vom Abriss und Neubau hin zum Bauen im Bestand gelingen kann.“
In einem Statement zu den Abrissvorhaben des Bayerischen Rundfunks äußert sich auch Barbara Mutz, Geschäftsführerin der „Deutschen Umwelthilfe e. V.“:
„In Deutschland herrscht der Abrisswahn. Das kostet die Bundesrepublik jedes Jahr mehr als eine Million Tonnen CO2. Angesichts der riesigen Herausforderungen in Sachen Klimaschutz ist es vollkommen unverständlich, warum die Bauministerin Frau Geywitz darauf verzichtet, eine Abrissgenehmigungspflicht in die Musterbauordnung aufzunehmen, um sinnloses Abreisen zu verhindern. Ein Federstrich würde genügen und in Deutschland kann sich ein Perspektivwechsel vollziehen – weg vom bauen, bauen, bauen hin zu Sanierung, Modernisierung und Erweiterung. Das Potential, im Bestand Wohnraum zu schaffen, ist riesig. Trotzdem werden jedes Jahr zahlreiche Gebäude abgerissen und durch Ersatzneubauten ersetzt, von denen viele durch Sanierung, Umbau oder Erweiterung erhalten bleiben könnten. Rechtliche Rahmenbedingungen machen den Abriss und Neubau oftmals unkomplizierter und einfacher finanzierbar als die Sanierung. Deshalb muss der Gesetzgeber gerade bei der Sanierung praktikable Standardlösungen zulassen und eine flexiblere Umsetzungspraxis ermöglichen. Ökologische und soziale Aspekte werden bei der Entscheidung Abriss oder Sanierung nicht betrachtet. Um den Bausektor in Deutschland in zukunftssichere Bahnen zu lenken, braucht es in der Musterbauordnung dringend eine Abrissgenehmigungsplicht auf Basis einer Ökobilanzierung. Diese würde die Bundesländer dazu bewegen, eine entsprechende Abrissgenehmigungspflicht in ihren Landesbauordnungen aufzunehmen. Der Ressourcenverbrauch und die Graue Energie müssen zukünftig in Abrissentscheidungen einbezogen werden. Wir können es uns in Zeiten der Klimakrise und Ressourcenknappheit nicht leisten, Gebäude willkürlich durch Neubauten auszutauschen und die Auswirkungen auf Klima und Umwelt zu ignorieren.“
Unsere Aufgabe: Suche nach einem Brandschutzkonzept neben der herkömmlichen Sprinkleranlagen, das bezahlbar ist, um der Geschäftsleitung des BR einen Gegenvorschlag unterbreiten zu können.
Brandbrief an den BR unterschreiben!