Spannende Architektur in München, aber wo? (aus München Transparenmt vom 17. August 2023)

Anfrage der Fraktion CSU/FreieWähler im. Stadtrat an den Oberbürgermeister Dieter Reiter vom 31. März 2022(!)

Die Landeshauptstadt München und ihre Beteiligungsgesellschaften werden aufgefordert, mutiger und besonders kreativer Architektur zu mehr Chancen zu verhelfen. Die Basis hierfür wird in B-Planverfahren sowie Wettbewerbsausschreibungen bereits gelegt.
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung wird aufgefordert, städtische Bereiche auszuwählen, an denen besonders kreative und ggf. auch hohe Bauten gut umsetzbar sind. Diese werden dem Stadtrat vorgelegt.
Bei den konkreten Planungen nicht außer Acht zu lassen ist die optimale Ausnutzung der verfügbaren Flächen und Räume, die Funktionalität und eine nachhaltige Bauweise, möglichst nach dem Cradle to Cradle Prinzip.
Begründung
Innovative und besonders kreative Architektur regt häufig an zur kontroversen Diskussion, weil sie anders ist, als der Standard und weil der Blick darauf immer subjektiv geprägt sein wird.
Diskussionen darüber dürfen aber nicht dazu führen, dass mutige Bau werke keine Chance auf Umsetzung erhalten oder im Keim erstickt werden, denn sie machen sich in einer Stadt auch bezahlt. Sie locken Besucherinnen und Besucher an und dienen letztlich der Wertschöpfung einer Stadt.
Die Landeshauptstadt München sowie ihre Töchter werden daher aufgefordert bei der Planung und Überplanung von Flächen bereits in den Wettbewerben den Grundstein für eine besonders kreative und durchaus mutige Architektur zu legen. Eine wichtige Voraussetzung ist dabei auch die Akzeptanz in der Breite der Bevölkerung. Aus diesem Grund sind anzustoßende Prozesse und Planungen mit besonderen Akzenten von Beginn an angemessen zu moderieren. Über 3D -Visualisierungen ist nachzudenken, zu zeigen, wie sich ein neues Gebäude in den Bestand
einfügt.
Antwortschreiben der Stadtbaurätin Prof. Dr. (Universität Florenz) Elisabeth Merk vom 16. August 2023
An
Herrn StR Manuel Pretzl, Frau StRin Heike Kainz, Frau StRin Veronika Mirlach, Herrn

StR Andreas Babor, Herrn StR Hans Hammer (Rathaus)

Spannende Architektur in München, aber wo?
Antrag Nr. 20-26 / A 02600 von der Herrn StR Manuel Pretzl, Frau StRin Heike Kainz, Frau
StRin Veronika Mirlach, Herrn StR Andreas Babor, Herrn StR Hans Hammer vom 31.03.2022,

eingegangen am 31.03.2022

Sehr geehrte Kolleg*innen,
der o.g. Stadtratsantrag der CSU-FREIEN WÄHLER Fraktion wurde dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung zur federführenden Bearbeitung zugeleitet.
In Ihrem Antrag fordern Sie die Landeshauptstadt München und ihre Beteiligungsgesellschaften auf, mutiger und besonders kreativer Architektur zu mehr Chancen zu verhelfen. Die Basis hierfür werde bereits in B-Planverfahren sowie Wettbewerbsausschreibungen gelegt. Weiterhin fordern Sie das Referat für Stadtplanung und Bauordnung auf, städtische Bereiche auszuwählen, an denen besonders kreative und ggf. auch hohe Bauten gut umsetzbar seien. Diese sollen dem Stadtrat vorgelegt werden.
Bei den konkreten Planungen solle eine optimale Ausnutzung der verfügbaren Flächen und Räume, die Funktionalität und eine nachhaltige Bauweise, möglichst nach dem Cradle to Cradle Prinzip nicht außer Acht gelassen werden.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch zum einen eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, da die Forderung nach mehr Chancen für mutige und besonders kreative Architektur durch informelle Planungen, Wettbewerbsverfahren, Gestaltungsleitfäden und -gremien, sowie Beteiligungsprozesse so bereits im Bebauungsplanverfahren vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung vollzogen wird, sofern sich dies mit bodenrechtlichen Regelungen und im Kontext eines räumlichen Bezug zum Münchner Ortsbild begründen lässt oder sich die Gemeinde über ein informelles Planungskonzept wie z. Bsp. einem Gestaltungsleitfaden zur Einhaltung von Gestaltungsrichtlinien selbstverpflichtet hat.
Im Hinblick auf Ihre Forderung, städtische Bereiche auszuwählen, an denen besonders kreative und ggf. auch hohe Bauten gut umsetzbar seien, können wir Ihnen zum anderen mitteilen, dass Ihrem Anliegen bereits durch entsprechende Beschlüsse des Stadtrats, etwa dem Stadtratsbeschluss Sitzungsvorlage 20-26 / V 04420 vom 27.10.2021 zur Fortschreibung der Perspektive München (v.a. Fachleitlinie Stadtgestaltung und Baukultur) und dem Stadtratsbeschluss Sitzungsvorlage 20-26 / V 08279 vom 28.06.2023 zur Hochhausstudie 2023, entsprochen wird.
Der beantragten Fristverlängerung für die Erledigung des Antrages Nr. 20-26 / A 02600 mit Datum vom 17.03.2023 bis zum 31.07.2023 wurde zugestimmt.
Zu Ihrem Antrag vom 31.03.2022 teilt Ihnen das Referat für Stadtplanung und Bauordnung Folgendes mit:
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung bereitet im rechtlichen Rahmen des Baugesetzbuches bauliche und sonstige Nutzungen von Grundstücken auf dem Gemeindegebiet vor und leitet Planungsprozesse. Der Stadtrat übt auf dieser Grundlage mit seinen Beschlüssen die Planungshoheit der Landeshauptstadt München aus. So werden die Weichen für künftige Entwicklungen von Neubauquartieren auf Ebene der Stadtentwicklung und Stadtplanung, aber auch für Maßnahmen in Bestandsquartieren auf Ebene der Stadtsanierung gestellt. Ein wichtiger Teil dieser Entwicklungen ist das Schaffen von bezahlbarem Wohnraum. Die Aufgabe des Bauens von Wohnraum auf städtischem Grund übernehmen hierbei die beiden Tochtergesellschaften GWG und GEWOFAG.
Für Grundstücke, die sich nicht im Eigentum der Landeshauptstadt München befinden, sind deren Einflussmöglichkeiten auf die architektonische Gestaltung stark eingeschränkt. Auf bauplanungsrechtlicher Ebene können unter Beachtung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nur bodenrechtliche Regelungen getroffen werden (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG). Anforderungen an die Baugestalt zählen hierzu nicht, diese fallen allein in die Gesetzgebungskompetenz der Länder (Art. 70 Abs. 1 GG). In Bayern ermöglicht Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO den
Kommunen zwar eine positive Gestaltungspflege, allerdings nur im räumlichen Bezug eines Ortsbildes bei Gebäuden von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung oder bei Baudenkmälern.
In allen anderen Fällen bestimmen vor allem die Bauherr*innen über Gestalt und Aussehen ihrer Bauvorhaben.
Innovative und besonders kreative Architektur ist bereits jetzt in München vorhanden. Erst vor kurzem ging der deutsche Städtebaupreis 2023 erneut für eine außergewöhnliche städtebauliche Planung an das Werksviertel in München.
Der im Jahre 1980 ins Leben gerufene Deutsche Städtebaupreis dient der Förderung einer zukunftsweisenden Planungskultur und Stadtbaukunst. Mit dem Städtebaupreis werden nachhaltige und innovative Beiträge zur Stadtbaukultur prämiert, die beispielsweise die aktuellen Anforderungen an zeitgemäße Lebensformen, an die Gestaltung des öffentlichen Raums sowie sparsamen Ressourcenverbrauch in besonderem Maß berücksichtigen.
Weitere Auszeichnungen für spannende Architektur und herausragenden Städtebau, die in Zusammenarbeit mit der Landeshauptstadt München entstanden sind (nicht abschließend):
  • Wohnhaus San Riemo, DAM-Preis 2022
  • Werksviertel Mitte, BDA-Preis Bayern 2022, Auszeichnung Besondere Bauten
  • Werk 12, DAM-Preis 2021
  • Jüdisches Zentrum München, Deutscher Städtebaupreis 2020, Belobigung in der Kategorie Sonderpreis 2020 „Städtebau revisited“
  • Wohnanlage wagnisArt, Domagkpark, DAM-Preis 2018
  • Wohnanlage wagnisArt, Domagkpark, Deutscher Städtebaupreis 2016
  • Hofstatt, Deutscher Städtebaupreis 2014 und Preis für Baukultur der Metropolregion München
Besondere Architektur war und ist öffentlicher Belang. Architektur und Gestaltung des öffentlichen Raums haben auch in der Vergangenheit oftmals zu kontroverser Diskussion geführt und gleichzeitig das Meinungsbild der Stadtgesellschaft abgebildet. Diskussionen sind zu begrüßen, da sie Teil der demokratischen Meinungsbildung sind. Der Mut zu besonderen Bauwerken muss in einer Großstadt wie München Teil der gesellschaftlichen und kulturellen Haltung sein – gerade um die Besonderheit Münchens als kulturgeprägte Stadt zu erhalten und zukunftsfähig zu machen.

So hat die Hauptabteilung I des Referates für Stadtplanung und Bauordnung infolge des Beschlusses der Vollversammlung vom 07.03.2018 die Hochhausstudie fortgeschrieben, die nach einem ausführlichen Diskussions- und Beteiligungsprozess städtische Bereiche ausweist, an denen hohe Bauten und ggf. besonders kreative Gebäude stadtverträglich und konsensfähig umsetzbar sind (siehe Stadtratsbeschluss vom 28.06.2023, Vorlagen-Nr. 20-26 / V 08279). Sie trifft auch Aussagen zur Architektur. Neben fünf weiteren Qualitätskriterien nennt die Hochhausstudie die architektonische Gestaltung als wichtiges Merkmal für Hohe Bauten.

Ein Hochhaus soll als ergänzender und in höchster Qualität gestalteter Baustein zur Stärkung seines Umfelds beitragen. Um eine nachhaltige Akzeptanz der Projekte zu erreichen, stellt sich das Referat für Stadtplanung und Bauordnung den gestiegenen Ansprüchen der Bürgerschaft an Partizipation und Kommunikation und fördert eine aktive Beteiligungskultur, die weit über die in den Bauleitplanverfahren formal vorgeschriebene Öffentlichkeitsbeteiligung hinausgeht. 3D-Visualisierungen und Modelle sind dabei bereits jetzt Teil der Wettbewerbe und Öffentlichkeitsarbeit des Referats für Stadtplanung und Bauordnung.
Bei städtebaulichen und landschaftsplanerischen Wettbewerben werden – wo sinnvoll und rechtlich möglich – Wettbewerbsverfahren und Partizipation miteinander verschränkt.
Hier sowie bei den weiteren informellen und formellen Beteiligungsformaten, wird über Modelle und den vermehrten Einsatz von 3D-Visualisierungen sichtbar, welche Qualitäten entstehen können. Zusätzlich werden durch den künftigen Einsatz von VR-Technik, die auf dem digitalen Zwilling München aufbauen, die neuen Quartiere fast realistisch erlebbar.
Die Öffentlichkeit hat damit die Möglichkeit, die zukünftigen Quartiere virtuell zu besichtigen. Mit einer weiteren Konkretisierung der Planung können die VR-Darstellungen sukzessive weiter ausgearbeitet werden.
Wie zielführend die bisherige integrale Arbeitsweise der städtischen Referate und der Tochtergesellschaften ist, zeigt sich an vielen erfolgreich umgesetzten Hochbau- und städtebaulichen Projekten im Stadtgebiet, die von privaten Investoren und den Tochtergesellschaften der Landeshauptstadt Münchens als Wohnungsbauprojekte realisiert wurden.
Sowohl die GEWOFAG als auch die GWG leisten bereits einen großen Beitrag zu spannender Architektur in München. Zahlreiche Nominierungen und Preise beruhen auf einem hohen Qualitätsanspruch bezüglich Städtebau, Architektur, Effizienz, Wirtschaftlichkeit, Funktionalität und nachhaltigem Bauen. Dies alles unter der Prämisse des bezahlbaren Wohnens zu erreichen, trotz des vom Stadtrat beschlossenen Mietenstopps sowie den weiterhin enorm steigenden Baupreisen, zeugt von hoher Kreativität.
Preise der GEWOFAG (nicht abschließend)
  • Ökologische Mustersiedlung im Prinz-Eugen-Park, Baufeld WA 13, Anerkennung in der Kategorie „Quartiere“, Bundespreis Umwelt & Bauen, 2020
  • Wohnbebauung Hochäckerstraße in München-Perlach, Nominierung für den Deutschen Bauherrenpreis in der Kategorie „Bauen in städtebaulich schwierigen Lagen“, 2020
  • Pilotprojekt Azubiwohnen am Innsbrucker Ring, Bayerischer Wohnungsbaupreis, 2019
  • Erweiterung der Wohnsiedlung Sendling, Bayerischer Wohnungsbaupreis, 2019
  • Parkplatzüberbauung am Dantebad, Architekturpreis „Nike“ vom Bund Deutscher Architekten (BDA) in der Kategorie „Neuerung“ 2019

Preise der GWG (nicht abschließend)

  • Projekte im Prinz-Eugen-Park (Holzbaupreis)
  • Gollier-/ Westendstraße (Preis für guten Wohnungsbau)
  • Bad-Schachener-Straße und Zornedinger Straße (Deutscher Bauherrenpreis)
  • Projekte für das Sofortprogramm „Wohnen für Alle“ in Ramersdorf, Hasenbergl, Hadern
  • Projekt an der Radlkoferstraße (MK6)
Die oben genannten Projekte entstanden gemäß den Vergabebestimmungen für Bauten der öffentlichen Hand im konkurrierenden (Wettbewerbs-)Verfahren, das dazu beiträgt, den Mittelstand zu fördern, die Qualität der Planungsleistungen und die Gestaltung der Baukörper zu sichern. Letzteres wird durch hochkarätig besetzte Wettbewerbsjurys und Gestaltungsberatergremien gewährleistet, die Gestaltung und die Entwürfe beurteilt und schließlich auswählt.
Im Rahmen des wohnungspolitischen Handlungsprogramms Wohnen in München VII im Handlungsfeld Klimaschutz & Qualitäten im Wohnungsbau wurde die Möglichkeit geschaffen, sogenannte „Wohnlabore“ zu realisieren und neue Wege zu gehen, was Baumaterialien und Bauweisen anbelangt.
So wurde für den geförderten Wohnungsbau die Förderrichtlinie im rechtlich möglichen Rahmen flexibilisiert.
Neue, nicht genormte Wege zu beschreiten, erfordere laut GEWOFAG und GWG oftmals zusätzlichen Abstimmungsbedarf und Personalaufwand, der den Beteiligten finanziell ausgeglichen werden sollte. Begrüßen würde die GWG München deshalb, wenn kreative, von den Normierungen abweichende Lösungen durch spezielle Programme gefördert werden könnten und Anreize geschaffen werden würden, wie z.B. die Ermöglichung von zusätzlichen Bonusgeschossflächen bei Umsetzung besonderer Qualitäten.
Dies wird bereits vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung in neueren Bebauungsplanverfahren umgesetzt. Ein Beispiel hierfür findet sich im Bebauungsplan Lerchenauer Straße, wo die Planungsbegünstigten durch besondere Nutzungen im Erdgeschoss BonusGeschossfläche erhalten.
Im Sinne des Klimaneutralitätsziels der Stadt München bis 2035 gewinnt das „zirkuläre Bauen“ und die Betrachtung des Lebenszyklus von baulichen Anlagen und Gebäuden an Bedeutung.
Hier wird gemäß Beschluss vom 25.05.2022 (Vorlagen-Nr.20-26 / V 05420) derzeit vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung geprüft, ob ein „Zero Waste“ – Wohnungsbauprojekt auf einem städtischen Grundstück realisiert werden kann.
Essenziell für spannende Architektur in München sind mutige Planungsbeteiligte aus dem Privatsektor und der Politik, die Raum für individuelle und teilweise nicht kommerzielle Lösungen und Ideen lassen. So können besondere Gebäude, Freiflächen und Orte entstehen, die es ermöglichen, dass sich lebendige Quartiere und spannende Architektur entwickeln.
Beispielhaft seien hier die Münchner Baugenossenschaften genannt, die mit viel Engagement hervorragende Bauten und bezahlbaren Wohnraum schaffen. Projekte wie wagnisArt (Baugenossenschaft wagnis) und das San Riemo (Baugenossenschaft „Kooperative Großstadt“) sind preisgekrönt und über die Stadtgrenzen bekannt.
Das Referat für Stadtplanung und Raumordnung unterstützt die Planungsbeteiligten in ihrem Ansinnen, München gendergerecht, nachhaltig lebendig, spannend und lebenswert für alle Münchner*innen zu gestalten im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten und mit dem hohen Engagement seiner Mitarbeiter*innen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten.
Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. (Univ. Florenz)
Elisabeth Merk
Stadtbaurätin
Fragen Sie gleich hier beim Oberbürgermeister nach!

Über dieses Formular können Sie dem OB Reiter Fragen stellen.

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