Leserbrief zum Artikel in der SZ vom 26. November 2020: Wer sich einbringt gewinnt oder zahlt weniger

Der Zeitgenosse Mozarts in München-Forstenried…..

Gerne und oft kam das Musikgenie aus Salzburg nach München.

Im Januar 1762 führte Ihn seine erste Konzertreise an den Hof des bayr. Kurfürsten Maximilian III Joseph.

Da gab es ihn schon, den heute denkmalgeschützten, spätbarocken Derzbachhof in München – Forstenried, ein Meisterwerk bäuerlicher Baukunst aus dem Jahre 1751, dessen historisches Hofensemble mit Obstreuwiese, Kraut- und Kräutergarten bis vor kurzem in einmaliger Weise nahezu im Originalzustand erhalten geblieben war.  Bis Dezember 2018 ein geschichtsträchtiger, magischer Ort, ein wertvolles Stück Stadtgeschichte. Dann begann eine unsensible Zerstörung, die ihresgleichen sucht:

  • Schuppen und Remise werden abgerissen  
  • Das  markante Außen-Klohäusl  wurde entfernt und entsorgt
  • Die wohl letzte Münchner Kornkammer wird im Juni 2020 zerstört
  • Die ehemalige Schwarzküche wird ein Klo werden
  • Uralte, seltene Obstbäume im historischen Bauerngarten wurden gefällt,   Insekten, Vögel und Eichhörnchen verlieren abermals Ihre Heimat
  • Seit dem Frühjahr 2020, werden eine Tiefgarage und ein überdimensionaler, völlig unangemessener Neubau mit 17 Wohnungen

in das Grünland gepresst

  • Der Stadl wird entkernt, seine Bretterwände durch eine Glaswand mit Querlattenoptik ersetzt und mit 4 Beton-Flatwohnungen vergewaltigt. Die typische Holzständerbauweise wird in Schränken verschwinden. Im ehemaligen Stall wird der Boden tiefer gelegt, die Fenster versetzt,

Wände herausgerissen, die Futtertröge zerstört, Hühnerstall und  

Taubenschlag wurden vernichtet.

  • Derzeit wird der Dachstuhl mit massiven Dachsparren förmlich aufgespießt und massakriert, damit das Dach angehoben werden kann.

Ein unglaublicher Affront gegenüber den Baumeistern des 18. Jahrhunderts, denen damit gehörig ins Handwerk gepfuscht wird.

Damit wird dem ältesten Bauernhof von München so nach und nach seine Seele geraubt, bis nur noch eine leblose Hülle übrig bleibt. Auch wird durch die Überformung des Bauwerkes, das Verschwinden der Grünfläche und durch den völlig überdimensionierten Neubau, das Dorfensemble  Forstenried  ge- und zerstört, die  Denkmaleigenschaft des ältesten Bauernhofes aufs Spiel gesetzt.

Dem Ort soll nun eine Identität gegeben werden?

-Falsch! Er hatte 270 Jahre lang eine!

Es ist, als ob man im Kyrie der C-Moll Messe Mozarts, ein Meisterwerk, das vollkommener kaum sein könnte, jede 2. Note streichen würde. Der Komponist würde sein eigenes Werk nicht mehr erkennen.  

Die genaue Grabstelle Mozarts ist nicht bekannt, wohl aber die Grablage des Derzbachhofes. Wenn Mozart noch leben würde, er würde dem Bauwerk seiner Epoche sicher ein Requiem widmen.

Wenn man es glauben mag, würde der Investor gerne günstigen Wohnraum in München schaffen, so man denn günstiges Bauland erwerben könnte (?).

Nirgendwo sonst hätte er dazu eine bessere Gelegenheit gehabt als am Derzbachhof. Dem Vernehmen nach konnte das Hofgrundstück (Baugrund) und der dazugehörige‚ Bauerngarten (Grünland) gerade mal für den durchschnittlichen Verkaufspreis einer (!) der 17 Neubauwohnungen, erworben werden. Um die Sanierung des Denkmales zu finanzieren zu können, wurde von der Lokalbaukommission der Bayerischen Landeshauptstadt ein großer Teil des Grünlandes großzügig zu Bauland erklärt. Bei Münchner Grundstückspreisen ein Millionengeschenk! Da wäre es doch vorbildlich gewesen, hier sozialverträglich und maßvoll zu bauen und dem alten Hof behutsam, z.B. als Kulturzentrum oder Museum, neues Leben einzuhauchen.  

Hier hätte man seiner sozialen Verantwortung gut und gerne Rechnung tragen können, wenn man es denn ernsthaft gewollt hätte. Ein historisches Vorbild aus dem 16. Jahrhundert hätte es gegeben: Jakob Fugger, der unermesslich Reiche, der  keine Gelegenheit ausgelassen hat, hemmungslos Profit zu machen, hatte erkannt, dass er der Allgemeinheit etwas schuldig bleibt . Er hat ab 1514 A.D. mit der Fuggerei Wohnungen für bedürftige Augsburger gebaut und sich damit sein eigenes Denkmal errichtet. Auch Wolfgang Amadeus (Gottlieb) hat seinen Ursprung in der Fuggerei. Sein Urgroßvater, der Barockbaumeister Franz Mozart, lebte zeitweise dort.

Claudia Kaiser, München

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