Rathausumschau vom 2. Dezember 2021: Rechtmäßiger Gebäudeabbruch in der Siegesstraße 17

Derzeit finden an einem älteren Gebäude in der Siegesstraße 17 in Schwabing genehmigte Abbrucharbeiten statt.
Bereits im Sommer hat das Referat für Stadtplanung und Bauordnung – Lokalbaukommission (LBK) eine Abbruchanzeige zum Anlass genommen, dieses Gebäude durch das zuständige Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (Landesamt) einer Prüfung auf Denkmaleigenschaft unterziehen zu lassen.

Nach Begehung und Auswertung der Ergebnisse kam das Landesamt zu der Erkenntnis, dass das Gebäude die Kriterien des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes nicht erfüllt und somit die Voraussetzungen zur Aufnahme als Einzeldenkmal in die Bayerische Denkmalliste nicht gegeben sind. Folglich war die denkmalrechtliche Erlaubnis zum Abbruch zu erteilen.
Aufgrund von Einwendungen aus der Bürgerschaft führte das Landesamt weitere Untersuchungen durch, wobei das Gebäude nochmals mit Instrumenten der Bauforschung auf seine mögliche Denkmaleigenschaft geprüft wurde. Das Landesamt kam dabei zu folgender Facheinschätzung: „Das Wohnhaus wurde 1843 errichtet, wie die Holzaltersbestimmung belegt. Den damals freistehenden, zweigeschossigen Satteldachbau hat man auf dem Grund des sog. ,Trummer-Bauer‘ errichtet. Ob dieses Gebäude historisch mit dem Hof im Zusammenhang stand, lässt sich allerdings nicht mehr feststellen. In der Katasteraufnahme von 1853 liegt das Gebäude auf einem eigenen Grundstück mit einem zugehörigen Stadel oder Werkstattgebäude im rückwärtigen Bereich. Das Anwesen hat später zahlreiche Veränderungen erfahren:
Mit der Erbauung des Mietshauses in der Siegesstraße 17 verlor es seine freistehende Position. Spätestens in den 1950er Jahren hat man das Rückgebäude abgebrochen und weiter nach Westen versetzt ein großes Rückgebäude mit Werkstatt errichtet. Damit ist die für ein ländliches Gebäude übliche Positionierung als einzelstehendes Gebäude nicht mehr ablesbar. Mit dem Wegfall des Rückgebäudes ist die ursprüngliche Funktion des Anwesens nicht mehr nachvollziehbar.“


Das Landesamt führt weiter aus, dass auch am Wohnhaus – außen wie innen – zahlreiche Eingriffe stattgefunden hätten, wodurch nur noch die Außenmauern, Teile der Innengliederung des Obergeschosses und das Dachwerk aus der Bauzeit von 1843 erhalten seien.
Auf Grund der genannten Veränderungen lasse sich eine Denkmaleigenschaft als Einzel-Baudenkmal nicht rechtfertigen.
Zudem ergänzt das Landesamt: „Mit dem Abbruch des rückwärtigen Stadels/Werkstatt hat es auch seine Zeugnisfähigkeit als ehemalige Hofstelle maßgeblich eingebüßt. Damit ist auch die Zugehörigkeit zum Dorfkern Altschwabing nicht mehr augenscheinlich gegeben und die Einbeziehung in dieses Ensemble nicht zu begründen.“
Die Einschätzung der Begehung im Sommer wurde somit untermauert, so dass es der LBK rechtlich weder möglich ist, die Erlaubnis zu widerrufen, noch einen Baustopp zu verhängen.


Ein seitens der Bürgerschaft herangezogener Vergleich mit dem Abbruch des Uhrmacherhäusls in Giesing verbietet sich. Der Abbruch des Uhrmacherhäusl war rechtswidrig. Der VGH hat in diesem Jahr die Verfügung der LBK zum ensemblegerechten Wiederaufbau für gültig erklärt. Das Strafverfahren gegen den Bauherrn dauert aktuell an.
Der Abbruch an der Siegesstraße 17 ist hingegen aus den oben dargestellten Gründen rechtmäßig.

HIerzu ein Brief der BI Pro Schwabing an den Oberbürgermeister und die Stadträte vom 24. November 2021:

Sehr geehrte Damen und Herren, 
als Sprecherin der BI Pro-Schwabing möchte ich mich hiermit in dringlicher Angelegenheit an Sie wenden. 
Das Gebäude Siegesstraße 17, unser historisches Trummerbauernhäusel, ist akut vom Abbruch bedroht.  
Nach meinem heutigen Telefonat mit Herrn Dr. Körner vom Landesamt für Denkmalpflege, der sich ebenfalls den Erhalt des historischen Gebäudes wünscht und seinem Verweis an die Stadt München, dass auch diese den Erhalt erwirken kann, möchte ich Ihnen hiermit die Hintergründe und Besonderheiten zu dem historischen Gebäude übermitteln, mit der eindringlichen Bitte, umgehend tätig zu werden. 

Das historische Häusel – entstanden um ca. 1840 gemäß Aussage vom Landesamt für Denkmalpflege- ist akut vom Abbruch bedroht. Durch die LBK ist Anfang der Siebziger Jahre eine Denkmalerfassung erfolgt, leider ist das Gebäude jedoch nicht in die Denkmalliste eingetragen. Nach unseren eingehenden Recherchen im Bayerischen Staatsarchiv und im Stadtarchiv München handelt es sich nachweislich um ein historisches Gebäude, was nun durch das Landesamt bestätigt wurde. Das Gebäude ist eines der letzten seiner Art in der Umgebung. Es spiegelt den noch bäuerlichen kleingewerblichen Geist des dörflichen Schwabings der ersten Hälfte des 19. Jhd. vor dem Einsetzen der Mietshausbebauung um 1890 wider. 

Um 1900 wurde das kleine Häusel vom Trummer-Bauern mit seinem stattlichen Bauernhof (erstes Bild im Anhang) hinzu erworben. Daher hat die BI es für geeignet befunden, dem Häusel diesen Namen zu geben.  Die wenigen im Quartier, noch erhaltenen historischen Kleinhäuser aus der Epoche stehen alle unter Denkmalschutz. Das Haus weist eine stattliche Größe für die damalige Zeit auf und verfügt über eine besondere Dachform mit Aufschiebling und dem typischen Kleinfenster unter dem Dachspitz, die typisch für diese Epoche sind. Der Dachstuhl macht einen wertigen und hervorragenden Eindruck mit massiven Stützen. Die originalen Stiegen und einige Türen sind noch erhalten. Die Fenster sind leider nicht mehr im Original erhalten, aber das ist bei keinem der umliegenden Häuser aus der Epoche der Fall.   

Ebenso würde das Bauernhäusel als eines der letzten Zeitzeugnisses in der Straße aus der Zeit um ca. 1840 das Ensemble Altschwabing bereichern. Das Ensemble Altschwabing zeichnet sich durch die verschiedenen Epochen aus, die die Bauentwicklungen Schwabings widerspiegeln: Das Ensemble Altschwabing umfasst Teile des Dorfes Schwabing….Es umfasst einzelne ländliche Kleinhäuser und Bereiche, an denen eine bauliche Entwicklung ablesbar ist, in der die Abfolge und Überlagerung von dörflichen, vorstädtischen ländlich-gehobenen Wohn- und Lebensformen gewahrt ist…Die Siegesstraße gehörte, durch historische Quellen belegt, zu den beiden bedeutenden Hauptstraßen dieses Quartiers. Diese waren bis 1870 die Ortsstraße (danach Maffeistraße, nach der Eingemeindung Schwabings Feilitzschstraße) und die Dorfstraße (später Siegesstraße).  

Wir bitten Sie daher, sich dafür einzusetzen, dass das Trummer-Bauernhäusl, gerade aufgrund der Geschichte der Siegesstraße und seiner eigenen Geschichte – eines der letzten Zeugnisse der bäuerlichen und kleingewerblichen Bebauung, ca. 1840 – im Ortsbild Schwabings erhalten bleibt.  Wir haben viele Unterstützerinnen und Unterstützer inzwischen. Die Schwabinger Bürgerinnen und Bürger, das Denkmalnetz Bayern, Architekten und weitere Fachleute können nicht nachvollziehen, dass die Stadt München eines der ältesten Gebäude am Platze dem Abbruch freigibt. Zusammen mit dem sehr großzügigen Hinterhaus kann der Eigentümer ebenso beträchtlichen Wohnraum schaffen. Das Bauernhäusel verfügt über eine stattliche Deckenhöhe und einen großzügigen Speicher, der sich für einen Ausbau eignet. Bitte geben Sie Herrn Dr. Körner Unterstützung und Rückendeckung, der mir heute den Hinweis gab, mich nochmals an Sie zu wenden und Ihre Möglichkeiten für den Erhalt des historischen Gebäudes auszuschöpfen.  

Angesichts der Dringlichkeit des vom Abbruch akut gefährdeten historischen Gebäudes bitten wir Sie um Ihre Unterstützung für den Erhalt des historischen Trummerbauernhäusels. Bitte stoppen Sie den Abbruch unverzüglich und machen Sie sich stark für den Erhalt des letzten stattlichen historischen Gebäudes in der Siegesstraße. 

 
Mit besten Grüßen aus Schwabing Birgit Sasowski, Sprecherin der BI Pro-Schwabing im Namen
der BI Pro-Schwabing und vieler Schwabinger Bürgerinnen und Bürger

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