Rathausumschau 29. März 2022: Bürger*innengutachten PaketPost-Areal – Welche Unterlagen wurden eingebracht?

Bürger*innengutachten PaketPost-Areal – Welche Unterlagen wurden eingebracht?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 11.3.2022

Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:

Mit Schreiben vom 11.3.2022 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.

In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
„Das Planungsreferat beabsichtigt, mit dem Ergebnis des Bürger*innengutachtens andere Beschlüsse und Anträge aus der Bürgerschaft auszuhebeln. Z.B. die zahlreichen Empfehlungen der Bürgerversammlung Neu- hausen-Nymphenburg vom 17.6.2021 haben die Hochhausplanung sehr deutlich abgelehnt. Zur politischen Einschätzung ist es deshalb wichtig, zu wissen, welche Unterlagen den Bürgergutachter*innen zur Verfügung gestellt wurden.“

Frage 1:
Zum aktuellen Masterplan des Paketpost-Areals in Neuhausen gibt es eine ganze Reihe Bürgerversammlungsbeschlüssen, die diese Planung ablehnen. Wurden diese Beschlüsse den Gutachter*innen aus der Bürgerschaft zugänglich gemacht? Wenn ja, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt?

Antwort:
Die Sicht der Anwohner*innen wurde in den Planungszellen des Bürger*innengutachtens von der Vorsitzenden des Bezirksausschusses 9 repräsentiert. Im Rahmen eines Impulsvortrages in der Arbeitseinheit 3 (Auswirkungen des Areals auf die Nachbarschaft) am ersten Tag der jeweiligen Planungszellen-Woche stellte sie die Perspektive des Bezirksausschuss und der Anwohner*innen, sowie die Einwände und Bedenken dar.

Die Gestaltung der Impulsreferate wurde den Vortragenden selbst überlassen, da weder die unabhängigen Durchführungsträger (nexus Institut) noch die Auftraggeberin (LHM) Einfluss nehmen sollten.
Beim PaketPost-Areal handelt es sich um ein gesamtstädtisch relevantes Projekt, weshalb es wichtig war, auch die anderen Stadtbezirke miteinzubeziehen. Aus diesem Grund wurde das Referat für Stadtplanung und Bauordnung am 27.1.2021 (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V02427, Bebauungsplanmit Grünordnung Nr. 2147, PaketPost-Areal, Vergabebeschluss „Bürgergutachten“) damit beauftragt, ein Bürger*innengutachten extern in Auftrag zu geben.
Dennoch wurde von Anfang an der Anwohner*innenperspektive eine hohe Bedeutung beigemessen, daher war der Stadtbezirk Neuhausen-Nymphenburg unter den Gesamtteilnehmenden leicht überrepräsentiert. Damit wurde den Forderungen des Stadtrates im Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnung vom 14.4.2021 entsprochen.
Bezüglich der zahlreichen Bürgerversammlungsempfehlungen verweist das Referat für Stadtplanung und Bauordnung auf die Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 00801 (Bebauungsplan mit Grünordnung Nr. 2147, PaketPost-Areal, Ergebnis des Bürgergutachtens, Weiteres Vorgehen…), die voraussichtlich am 30.3.2022 dem Stadtrat im Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnung vorgelegt werden wird. In dieser werden die Ergebnisse des Bürger*innengutachtens bekannt gegeben und die Bürgerversammlungsempfehlungen gebündelt behandelt.

Frage 2:
Welche Gutachten und Entwürfe von Seiten der Investoren wurden in die Beratungen des Bürger*innengutachtens eingebracht?

Antwort:
Bei allen Bebauungsplänen, die Kosten und Lasten auslösen und zu einer nicht unerheblichen Bodenwertsteigerung für die Planungsbegünstigten, d.h. Bauträger*innen und Investor*innen führen, wird die Sozialgerechte Bodennutzung (SoBoN) in München angewandt.
So auch im Projekt PaketPost-Areal.
Die Planungsbegünstigten übernehmen die ursächlichen Herstellungskosten und Flächenabtretungen (für Erschließungsmaßnahmen, Gemeinbedarfseinrichtungen, Grün- und Ausgleichsflächen) sowie die Bindungen zum geförderten Wohnungsbau, aber auch für Wettbewerbe und Gutachten, da diese ursächliche Kosten des Bebauungsplanverfahrens darstellen. Diese Gutachten werden immer dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung vorgelegt und von diesem bzw. dem jeweiligen Fachreferat geprüft. Folgende Impulsreferate (von insgesamt 33, die im Rahmen der Planungszellen des Bürger*innengutachtens vorgetragen wurden) befassten sich mit diesen Gutachten bzw. Entwürfen und wurden im Bürger*innengutachten im Rahmen der Impulsreferate vorgestellt:

-Masterplan + Entwurf der geplanten Hochhäuser
Architekturbüro Herzog & deMeuron-Konzept für die Nutzung von Erdgeschossflächen
SODA GROUP
-Verkehrsgutachten
Vössing Ingenieure
-Schallgutachten
Möhler+Partner
-Geplante Nachhaltigkeitsmaßnahmen für das PaketPost-Areal Transsolar Energietechnik GmbH
-Geplante Maßnahmen für die nachhaltige Gestaltung des Areals + Nutzungskonzept für die Freiräume im Areal
Vogt Landschaftsarchitekten AG
-Möglichkeiten für die nachhaltige Nutzung von Regenwasser im Areal Ramboll Studio Dreiseitl
-Ergebnisse der Sichtfeld- und Stadtbildverträglichkeitsstudie Eisenlauer Architektur & Stadtplanung
-Mobilitätskonzept für das Areal und seine Anbindung in die Stadt Systematica s.r.l.

Frage 3:
Welches Informationsmaterial wurde den Teilnehmer*innen der Planungs- zellen in ihren Arbeitsgruppen zur Verfügung gestellt, z.B. die Impulsreferate, die im Plenum vorgetragen wurden?

Antwort:
Informationsmaterial vor Ort (als Auslage)

-Luftbild des Areals (A0-Plakate)
-Masterplan (A0-Plakate)
-Modell des Planungsgebietes
-Präsentation des Referats für Stadtplanung und Bauordnung zum Paket-Post-Areal im gesamtstädtischen Kontext
-Architekturführer München (Verlag DOM publishers)

Impulsreferate

Folgende Präsentationen der Referent*innen wurden den Bürgergutachter*innen jeweils am Ende jeden Tages zur Verfügung gestellt (die Präsentationen wurden vom nexus Institut auf ein sog. Padlet zum Download hochgeladen):

-PaketPost-Areal im gesamtstädtischen Kontext
Referat für Stadtplanung und Bauordnung, Stadtplanung-Vorstellung Masterplan +
Entwurf der geplanten Hochhäuser
Architekturbüro Herzog & de Meuron
-Kritische Einordnung des Masterplans
Münchner Forum e.V., Stadt- und Verkehrsplaner Planungsgruppe 504
-Konzept für die Nutzung von Erdgeschossflächen
SODA GROUP
-Verkehrsgutachten
Vössing Ingenieure
-Schallgutachten
Möhler+Partner
-Vorstellung des Zertifizierungsprozesses der DGNB
Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
-Geplante Nachhaltigkeitsmaßnahmen für das PaketPost-Areal Transsolar Energietechnik GmbH
-Kritische Anmerkungen zur Nachhaltigkeit in der Stadtentwicklung Department für Geographie der Ludwig-Maximilians-Universität München
-Wichtige Aspekte der nachhaltigen Planung von Freiräumen
Referat für Stadtplanung und Bauordnung, Grünplanung
-Geplante Maßnahmen für die nachhaltige Gestaltung des Areals + Nutzungskonzept für die Freiräume im Areal
Vogt Landschaftsarchitekten AG
-Möglichkeiten für die nachhaltige Nutzung von Regenwasser im Areal Ramboll Studio Dreiseitl
-Kriterien und Maßgaben für die Gestaltung von nachhaltigen Hochhäusern
Allmann Sattler Wappner Architekten
-Vorstellung des Züricher Hochhaus-Leitbilds
Architektur- und Stadtplanungsbüro Steib Gmür Geschwentner Kyburz Partner AG
-Kritische Perspektive aus der historischen Stadtentwicklung Münchens Architekt und Stadplaner (ehem. prpm Architekten + Stadtplaner GmbH) -Historisches Stadtbild
Landesamt für Denkmalpflege
-Ergebnisse der Sichtfeld- und Stadtbildverträglichkeitsstudie Eisenlauer Architektur & Stadtplanung
-Allgemeine Prinzipien der Freiraumplanung
mahl gebhard konzepte
-Mögliche Konflikte zwischen Nutzer*innengruppen
Allparteiliches Konfliktmanagement in München, Sozialreferat München
-Möglichkeiten der Nachnutzung von ehemaligen Industrie- und Gewerbebauten
Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und Transformation der TU München
-Maßnahmen der LHM für die Schaffung von bezahlbaren Wohnungen und nachhaltiger, sozial ausgewogener Stadtquartiere
Referat für Stadtplanung und Bauordnung, Stadtsanierung und Wohnungsbauförderung
-Mobilitätskonzept für das Areal und seine Anbindung in die Stadt Systematica s.r.l.
-Barrierefreie Mobilität im Areal
Behindertenbeirat, Landeshauptstadt München

Folgende Impulsvorträge wurden mündlich und ohne Präsentation gehalten:

-Vision des Eigentümers (Büschl Unternehmensgruppe) für das Areal + Ideen für die Nutzung der Halle
-Aktuelle Herausforderungen der Stadtplanung und Stadtentwicklung in Deutschland und Europa
Stadtplanerin und ehemalige Senatsbaudirektorin Berlins
-Bedenken der Anwohnenden und des Bezirksausschusses
Vorsitzende des Bezirksausschusses 9
-Ideen für die Nutzung der Paketposthalle
Kulturzentrum Backstage
-Maßnahmen für die Schaffung sozialer Ausgewogenheit in neu entstehenden Quartieren
Diakonie München und Oberbayern
-Zentrale Elemente der Münchner Mobilitätsstrategie und des Mobilitätskonzepts im Wohnungsbau
Mobilitätsreferat

Frage 4:
War die aktuelle Hochhausplanung von Büschl eine Voraussetzung für die Bürgergutachter*innen oder war eine offene Fragestellung vorgesehen?

Antwort:
Die Diskussionsgrundlage für das Bürger*innengutachten war der Zwischenstand der Masterplanung. Dieser wurde vor den Veranstaltungen im Rahmen des Bürger*innengutachtens (Öffentliche Auftaktveranstaltung 1.7.2021, Runder Tisch 26.7.2021, Planungszellen 5. bis 15.10.2021) dem Stadtrat am 16.6.2021 im Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnungvorgestellt (s. Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 03220, PaketPost-Areal,Zwischenstand der Masterplanung, Öffentlichkeitsbeteiligung – Bürgergutachten, Weiteres Vorgehen).

Der grundsätzliche Auftrag an die Bürgergutachter*innen war es, Empfehlungen für die Entwicklungen auf dem PaketPost-Areal zu formulieren. Im Speziellen wurden den Gutachter*innen im Laufe der Planungszellen jeweils 1 bis 2 Fragen pro Arbeitseinheit gestellt. Die Fragen wurden projektspezifisch, immer jedoch ergebnisoffen gestellt (s. Ergebnisse Seite 34 bis 82 im Bürger*innengutachten) und basieren auf den Ergebnissen der beiden Veranstaltungen, die im Vorfeld der Planungszellen stattfanden (Öffentliche Auftaktveranstaltung 1.7.2021, Runder Tisch 26.7.2021). Es wurde zu kritischem Denken und Nachfragen aufgerufen, auch wurde nach problematischen Aspekten des Projektes gefragt. Am letzten Tag konnten die Bürger*innen zudem losgelöst von den bisherigen Arbeitseinheiten alle Themen ansprechen, die ihnen wichtig waren und bisher z.B. noch nicht oder nicht genug behandelt wurden.

Damit sich die Gutachter*innen eine eigene Meinung bilden und die Fragen beantworten konnten, wurde explizit auf eine Vielzahl verschiedener Referent*innen geachtet, die unterschiedliche Perspektiven und Meinungen repräsentierten.
Teilweise referierten bis zu vier Personen innerhalb einer Arbeitseinheit.

Alle Fragestellungen, Referent*innen und Ergebnisse können auch in der Dokumentation „Bürger*innengutachten PaketPost-Areal“ eingesehen werden.

Ein Kommentar

  1. Wording

    gerade lese ich:
    Hochhausstudie 2023: Abschluss der Fortschreibung
    Rathaus Umschau 112 / 2023, veröffentlicht am 15.06.2023

    „Wie soll mit Hochhäusern im Münchner Stadtgebiet umgegangen werden?“
    Kommentar: Das klingt ja wie: Naja. die stehen halt da, jetzt müssen wir damit umgehen.

    Schauen wir mal rein:
    https://stadt.muenchen.de/infos/umgang-hochhaeuser-stadtgebiet.html

    „Münchens Schönheit basiert auf seiner einzigartigen Stadtarchitektur. Sämtliche Stadtbilder, von der Altstadt mit ihrer historischen Silhouette, dem Nymphenburger Schloss mit seinem wunderschönen Park bis hin zu den königlichen Prachtstraßen und dem Englischen Garten wurden entworfen. Sie sind das Ergebnis architektonischer, landschaftsarchitektonischer und städtebaulicher Konzepte.“

    …“Sie sind maßgebliche Elemente der komponierten Stadträume und leisten damit einen spezifischen Beitrag zur Ausbildung der Eigenart des Münchner Stadtbilds.“

    … „In zwei wichtigen historischen Stadträumen, dem Nymphenburger Schloss-Rondell und der Ludwigstraße, waren fortan Hochhäuser in der Stadtsilhouette sichtbar. Dies und eine Reihe angekündigter oder bereits als Wettbewerbsentwurf vorliegende Hochhäuser führten zu dem durch einen ehemaligen Oberbürgermeister sowie einige Mitstreiter*innen initiierten Bürgerentscheid „Initiative-Unser-München (Hochhausentscheid)“.“

    … „Die Gestaltung von Hochhäusern muss auf die Wirkung und Sichtbarkeit im Fern- und Nahbereich eingehen und überprüft werden.“

    …“In einer Stadt wie München, in der Hochhäuser die Ausnahme sind, wird deren Beitrag für die Sicherung von Wohn- und Büroraum immer nachrangig sein.“

    Was gibts da noch hinzuzufügen außer dass die Stadt sich von diesen Aussagen leiten lässt. Dazu braucht es aber Mut vor Büschl und anderen Investoren. Scheiß auf das Geld (!!), bei z.B. Benko sieht man, dass Geld auch rückwärts fließt.

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