Mini-Wäldchen für saubere Luft, Stadtklima und Artenvielfalt
Antrag Stadtrats-Mitglieder Kathrin Abele, Anne Hübner, Lars Mentrup, Dr. Julia Schmitt-Thiel, Andreas Schuster, Felix Sproll (SPD/Volt-Fraktion) und Beppo Brem, Mona Fuchs, Judith Greif, Dominik Krause, Clara Nitsche, Angelika Pilz-Strasser, Dr. Florian Roth, Florian Schönemann (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 3.9.2020
Antwort Baureferat:
Sie haben am 3.9.2020 Folgendes beantragt:
„Die Stadtverwaltung wird gebeten, Flächen in jedem Stadtteil Münchens auszuweisen, die als Mini-Wäldchen umgestaltet werden können, um die Klimaanpassung der Stadt zu verbessern. Die Bezirksausschüsse werden hier eingebunden.
Für die Aufforstung der Flächen kann die Miyawaki-Methode angewendet werden. Sie ist eine der effizientesten Aufforstungsmethoden und kann auch sehr kleinräumig (ab 60 m²) eingesetzt werden. Die Aufforstung auf diesen Flächen kann in Kooperation mit dem Citizens Forests e.V. erfolgen, der unentgeltlich Aufforstungen nach der Miyawaki-Methode im Auftrag von Kommunen durchführt.“
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit i.S. von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO und § 22 GeschO, deren Erledigung dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 3.9.2020 teilen wir Ihnen aber Folgendes mit:
Bäume erfüllen in einer hochverdichteten Großstadt wie München, neben ihrer gestalterisch prägenden Wirkung, in besonderer Weise auch ökologische und klimatische Funktionen: Sie spenden Schatten, wirken kühlend, binden Kohlenstoff und bieten vielen Tierarten Lebensraum und Nahrung. Mit der Pflanzung zusätzlicher Bäume in standort- und zukunftsgerechten Arten bzw. Sorten kann – auch mit Hinblick auf den Klimawandel – ein nachhaltiger Beitrag zur Steigerung der genannten Wohlfahrtswirkungen und letztlich zu einem lebenswerten Arbeits- und Wohnumfeld geleistet werden.
So ist die Intention des Antrags, mehr Bäume in München zu pflanzen, grundsätzlich zu begrüßen. Bei der Prüfung von Umsetzungsmöglichkeiten nach der Miyawaki-Methode ist laut Referat für Klima- und Umweltschutzjedoch zu beachten, dass für die Nutzung dieser positiven Wirkungen langjährige Waldhistorien sowie sorgfältig ausgewählte Standorte nötig sind und dies nicht dem originären Nutzen der Methode entspricht.
Die Miyawaki-Methode sieht die Aufforstung bracher Flächen mit der dichten Pflanzung zahlreicher Jungpflanzen mit Höhen von 30 bis 60 cm (Forstware) vor. Dicht stehende Bäume entwickeln sich rasch in die Höhe, bilden jedoch kleine Kronen aus. Ziel dieser im Forst eingesetzten Methode ist originär die gewerbliche Holzgewinnung. Um den Aufwuchs zu schützen, müsste die angepflanzte Fläche im innerstädtischen Bereich wegen des hohen Nutzungsdrucks durch eine Umzäunung geschützt werden.
Die Städtische Forstverwaltung nimmt zur Miyawaki-Methode wie folgt Stellung:
„Die Städtische Forstverwaltung ist ein nach Naturland zertifizierter, seit Jahrzehnten naturgemäß wirtschaftender Forstbetrieb. Der Forstbetrieb der Stadt München setzt hauptsächlich, dort wo die richtigen Altbäume vorhanden sind (sprich die Bäume der potentiellen natürlichen Vegetation und die Bäume, die an den Klimawandel kleinstandörtlich angepasst sind) auf eine natürliche Verjüngung. Diese ist immer besser als Bäume künstlich zu pflanzen, da das Wurzelwerk sich vom Sämling an an den jeweiligen Standort anpassen kann und die Pflanze keinem sogenannten Pflanzschock unterliegt. D.h. eine künstliche Verjüngung, sprich das Pflanzen von Bäumen, ist immer die zweitbeste Variante. Auf Flächen der Städtischen Forstverwaltung, auf denen nicht standortgerechte Altfichten vorhanden sind oder auf Freiflächen, die bewaldet werden sollen, pflanzt die Städtische Forstverwaltung ca. 20.000 bis 50.000 Pflanzen pro Jahr.
Hier kann nicht mit natürlicher Verjüngung gearbeitet werden, da sich sonst nicht der gewünschte klimaangepasste Wald entwickeln würde. Bei der Pflanzung orientiert man sich an der potentiellen natürlichen Vegetation und an Arten, die an den Klimawandel angepasst sind. Es werden natürlich alle geeigneten Mischbaumarten seit Jahrzehnten verwendet und längst nicht mehr auf nur eine Baumart gesetzt. Auch die forstüblichen Pflanzverbände sind ca. 1m auf 1m, je nach Baumart unterschiedlich, so dass sehr viele Bäume pro Hektar gepflanzt werden. Laut einer Internetrecherche entspricht dies der „Miyawaki-Methode“. Demnach ist diese Methode altbewährt, wird bei uns praktiziert, ist übliche forstliche Praxis und alter Wein in neuen Schläuchen.
Die „Citizens Forests e.V.“ ist der Städtischen Forstverwaltung nicht bekannt.“In öffentlichen Grünflächen findet die forstwirtschaftliche Miyawaki-Methode bisher keine Anwendung. Bei Neupflanzungen werden durch das Baureferat im öffentlichen Raum i.d.R. Bäume mit einem Stammumfang von mindestens 20cm und einer Höhe von ca. 4 bis 8m verwendet. Zudem wird im Straßenbegleitgrün pro Baum eine Baumgrube mit 36m³ speziellem Substrat geschaffen, welches Wasser zurückhalten kann und optimal durchwurzelbar ist. Insbesondere in dichten urbanen Quartieren mit wenigen zur Verfügung stehenden Vegetationsflächen werden auf diese Weise optimale Standortbedingungen für einzelne Bäume geschaffen. Diese sollen ein möglichst großes Kronenvolumen und entsprechend Biomasse entwickeln, um durch viel Schatten und eine hohe Verdunstungsleistung größtmögliche Kühleffekte zu erzeugen. Gleichzeitig binden gut entwickelte Bäume über die Photosynthese viel Kohlenstoff. Der optimierte Standort sorgt auch für eine möglichst lange Lebensdauer. Denn je länger der Baum lebt, desto mehr Kohlenstoff kann langfristig gebunden werden.
Um ggf. im Rahmen eines Pilotprojektes dennoch Erfahrung mit der Miyawaki-Methode im öffentlichen Raum zu sammeln, hat das Baureferat den Bund für Umwelt und Naturschutz, Kreisverband München, bzgl. der Mitwirkung an einem Pilotprojekt angesprochen. Dieser hat sich bereit erklärt, sobald eine geeignete Fläche gefunden ist, bei der Pflege zu unterstützen.
In den öffentlichen Grünanlagen ist die Verteilung der Nutzung auf den vorhandenen Flächen gut ausgewogen. 30% der Flächen sind mit Bäumen oder anderen Gehölzen überstanden, 15% der Flächen sind mit artenreichen Blumenwiesen bepflanzt, 35% bestehen aus Rasen zur intensiven Erholungsnutzung, 20% sind Flächen z.B. für Wege und Spielplätze. Verfügbare Flächen für die Anpflanzung geschlossener Gehölzstrukturen sind dem Baureferat daher derzeit nicht bekannt. Gleiches gilt für das bestehen- de Straßenbegleitgrün.
Der Immobilienservice des Kommunalreferates nimmt zur Frage nach geeigneten Flächen wie folgt Stellung:
„Ob sich Flächen aus dem Portfolio der Stadt München für die Aufforstung von ‚Mini-Wäldchen‘ dem Grunde nach eignen und hierfür Verwendung finden könnten, prüfen wir gerne näher. Für den angestrebten Zweck könnten dem Grunde nach einige vorhandene unbebaute städtische Splitterflächen im Stadtgebiet in Betracht kommen. Wir können aber jetzt schon absehen, dass es aufgrund mangelnder Flächenressourcen nicht leistbar sein wird, geeignete Grundstücke in jedem Stadtbezirk zu identifizieren. Die Prüfung der Verfügbarkeit ist im übrigen ein längerer Prozess, da jede potentiell geeignete Splitterfläche individuell im Zusammenwirken mit an-deren Referaten, insbesondere mit dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung, intensiv zu betrachten ist.
So wäre in jedem Einzelfall eine planungsrechtliche Einschätzung einzuholen, Arrondierungs- und Tauschmöglichkeiten abzuwägen sowie die forstwirtschaftliche Eignung oder auch mögliche bestehende anderweitige städtische Bedarfe zu eruieren. Hinzu kommt, dass eine Verwendung städtischer Flächen als ‚Mini-Wäldchen‘ auch in wirtschaftlicher Hinsicht zu prüfen wäre. Eine forstwirtschaftliche Nutzung geht marktwirtschaftlich gesehen leider in der Regel mit einer Abwertung der Flächen einher. Eine Aussage zu Privatflächen, insbesondere im Umgriff städtischer Grünzüge, kann seitens des Kommunalreferats nicht getroffen werden.“
Unabhängig davon hat das Baureferat im Herbst 2020 alle 25 Bezirksausschüsse angeschrieben und um Unterstützung bei der Suche nach einzelnen konkreten Standorten für Baumneupflanzungen gebeten. Bei der Suche nach geeigneten Standorten für zusätzliche Baumpflanzungen können so die Ortskenntnisse und Erfahrungen der einzelnen Bezirksausschüsse genutzt werden. Sollte sich aus den Rückmeldungen der Bezirks- ausschüsse eine Fläche ergeben, die für die Anpflanzung geschlossener Gehölzstrukturen nach der Miyawaki-Methode geeignet ist, wird das Baureferat in Zusammenarbeit mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz ein entsprechendes Pilotprojekt durchführen.
Foto: hier im Eggarten wird gerade mit Unterstützung der SPD und Grünen ein Biotop vernichtet!