Leserbrief zum Eggarten: Die merkwürdige (Ver)wandlung der Grünen im Münchner Stadtrat

Vor der letzten Stadtratswahl:
Herr Bickelbacher verspricht mir persönlich, nicht für das Strukturkozept Eggarten zu stimmen (was er auch gemacht hat) und bemerkt: „Allerhöchstens eine Randbebauung entlang der Straßen“ könne er sich vorstellen.
Frau Hanusch hält eine flammende Rede bei der Stadtratsvollversammlung zum Schutz des Eggartens (→ mein Dankesschreiben an sie)
Frau Habenschaden schwärmt bei einem Spaziergang durch den Eggarten von der ökologischen Bedeutung dieses Biotops.
Die Grünen stimmen geschlossen gegen das Strukturkozept Eggarten-Kolonie!

Nach der Stadtratswahl:
Herr Bickelbacher lässt sich damit beruhigen, dass die Investoren sich zum Klimaschutz verpflichten (erst einmal wird der Eggarten platt gemacht, nur wenige Bäume werden überleben, von der Artenvielfalt des Eggartens wird nichts übrig bleiben, die Frischluftschneisen werden verbaut).
Frau Hanusch hält keine Reden mehr zur Rettung des Eggartens – ist viel mehr begeistert von einem anderen Büschl-Projekt: den zwei 155m hohen Türmen an der Paketposthalle, die keinen einzigen bezahlbaren Wohnraum schaffen aber – durch die vielen neuen Büroräume – den Zuzug aus der ganzen Welt forcieren – da werden wir noch viel Grünfläche zubauen müssen, um die Neubürger unterzubringen!
Frau Habenschaden schreibt zwar auf ihrer homepage „Es wird heißer, es gibt mehr Starkregen und Stürme und die Tier- und Pflanzenwelt verändert sich rapide. Städte sind für drei Viertel des weltweiten CO2-Austoßes verantwortlich. Die Frage, ob wir die Klimakrise bewältigen, entscheidet sich deshalb vor allem in den Ballungsräumen. …. Grundlage für unser Handeln als Stadt muss die Erkenntnis sein, dass der Klimawandel die größte Bedrohung für unsere Gesellschaft darstellt“

Vor kurzem allerdings wirbt sie in der SZ für die Ansiedlung großer Firmen (die natürlich den Zuzug befeuern und damit das Wachstum, das Bauen, Bauen, Bauen…): „Als große Chance sieht Habenschaden die Apple-Investition aber vor allem wegen der Begleiterscheinungen: wegen der Start-ups etwa, die dadurch wie von alleine angezogen werden..“

Sie will „ein Klima schaffen, in dem die Jobs von morgen entstehen können* – und in dem Industrie und Klimaschutz kein Widerspruch sind.“
Die Grünen stimmen geschlossen für den Bebauungsplan Eggarten *


Jobs von morgen sind gut – in Wunsiedel oder Görlitz – Und Industrie und Klimaschutz widersprechen sich nicht grundsätzlich – aber München muss nicht wie ein Magnet immer weiter neue Firmen akquirieren! München ist voll!. Wir brauchen keine weiteren Wärmeinseln aus Beton! In Berlin gab es Proteste gegen die Ansiedlung von Amazon und Google, denn, so die Demonstranten, „ dies werde zu «rasant steigenden Mieten», einer «Verwertung des Kiezes» und Verdrängung von Menschen führen.“ https://www.berlin.de/aktuelles/berlin/6087319-958092-demonstration-gegen-amazon-sitz.html

Mir wurde erzählt, die Bürger New Yorks hätten sich aus denselben Gründen erfolgreich gegen die Ansiedlung von Amazon in ihrem Stadtteil gewehrt (New York Times), – in München wäre dies nicht möglich: Weder die Bedenken des LBV noch die des BN noch die Proteste aus der Bevölkerung, des Eggarten-Vereins und vieler andere Interessensgruppen* noch die Haltung des BA 24 gegen die Bebauung des Eggartens spielen für die gewählten Bürgervertreter in der Stadt eine Rolle – mit wenigen Ausnahmen.

Unter anderem:
– der Eigenheimerverein Feldmoching
– Verein Fasanerie aktiv e.V.
– Bürgerverein Lerchenau
– das übergreifende Bündnis Nord
– die Aktionsgemeinschaft „Rettet den Münchner Norden“
– Fausstraße90.de
– Menzinger Grünflächenverein
– “Forum Lebenswertes Muenchen.org” mit Baumnetz-Gruppe

Zwei Bürgerbegehren („Grünflächen erhalten“ und „Lebenswertes München – gegen maßlose Nachverdichtung“) haben zahlreiche Unterschriften gegen die Verdichtung Münchens gesammelt, ebenso warnt das „Bündnis Gartenstadt“, ein Zusammenschluss zahlreicher Initiativen, seit Jahren vor der Verdichtung Münchens und wirbt dafür, Grünflächen zu erhalten. All diese Bürger fühlen sich durch das „Ja“ der Stadtrat-Grünen zur dichten Bebauung des Eggartens vor den Kopf gestoßen. 50% genossenschaftliches Bauen bzw. 50% sozial geförderter Wohnungsbau, wie dies im Eggarten vorgesehen ist, ist ein gutes Konzept, das man öfter anstreben sollte – nur nicht in einem derart ökologisch sensiblen und für die Frischluftversorgung Münchens bedeutenden Gebiet. Ich möchte betonen, dass sich meine Enttäuschung und mein Frust ausschließlich gegen die Grünen im Stadtrat richten, nicht gegen Bündnis90/die Grünen generelll!

31.3.2021 Sonja Sachsinger, ehemals überzeugte Wählerin der Grünen

PS: Es kann sein, dass sich in den nächsten Jahren der Wohnungsmarkt in München entspannen wird. Aber nicht durch das exzessive Bauen und Akquirieren neuer Firmen, sondern durch die Veränderungen in Folge von Corona (Konkurs vieler Restaurants und Geschäfte / Home-Office / Digitalisierung auf dem Land / Wunsch nach mehr Wohnraum und mehr Grün → Stadtflucht). Ob wir dann die kleine Stadt, die im Eggarten entstehen wird, noch brauchen?

3 Kommentare

  1. Unsere 2. Bürgermeisterin, Frau Habenschaden, tritt ihre eigenen Eggarten-Argumente zum Erhalt des “grünen Herzstücks” und Erhalt der Frischluftschneise mit Füßen, siehe ihr video vom 21.11.2019!
    und 2018 war Frau Hanusch auch mit dabei, den Erhalt des Siedlungscharakters zu fordern (nachzulesen im RIS);
    und jetzt wird uns Bürgern eine Mustersiedlung der Zukunft verkauft -was für ein falsches Spiel gegenüber den Bürgern und Grün-Wählern!!!

    https://www.facebook.com/293691421315945/videos/1046002905594209
    (auf: https://www.facebook.com/293691421315945/videos/1046002905594209 )
    ———-
    im RIS -dem offiziellen Rathaus-Organ:
    (auf: https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/ris_antrag_dokumente.jsp?risid=5265824)
    https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/ANTRAG/5265836.pdf
    Auszüge, stichwortartig:
    “5. Dezember 2018…Top 13: Eggarten-Siedlung…Änderungsantrag
    …Erhalt des Charakters der Siedlung
    …Bevölkerung sowie den Bund Naturschutz und den LBV in die Planungen mit einzubeziehen…
    Initiative: Herbert Danner Katrin Habenschaden Anna Hanusch Paul Bicklbacher Mitglieder des Stadtrates…”

  2. Der naturfeindliche Ungeist, der in die Grünen gefahren ist, macht sie unwählbar.
    Und der Betrug an den getäuschten Bürgern widert mich an.

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