Leserbrief zu: “Der Opernplatz wird grün”, von Ulrike Heidenreich, 20.08.2024

Der Max-Joseph-Platz soll jetzt „luftig“ und „begrünt“ werden.

Was man auf dem Bild sieht, ist monotoner, kurzgeschnittener Rasen, wie in Millionen Spießergärten. Dazu ein paar mickrige Sträucher in Kübeln.

Was man nicht sieht:
Schatten. Nun weiß ich ja nicht, ob ich da zu einer Minderheit gehöre, jedenfalls nicht zu denen, die im Urlaub immer noch in die Sonne wollen, und nicht zu denen, die im Frühling vorm Tambosi ihre Gesichter zur Sonne ausrichten für einen maximalen Grilleffekt. Mir ist es jedenfalls längst zu heiß in München.

Auf dem Max-Joseph-Platz wie an anderen baum- und schattenlosen Plätzen unserer Stadt habe ich mich noch nie länger als unbedingt notwendig „aufgehalten“, und schon gar nicht „gerne“. Auch in Zukunft werde ich es nicht tun und die architektonischen Schönheiten von Residenz, Resi und Oper höchstens nachts genießen.
Die Denkmalschützer haben sich wieder mal erfolgreich als Grün-Verhinderer betätigt. Da schwurbelt man allerhand intellektuell wirkende Floskeln von Sichtbeziehungen, Sichtbarkeit und historischen Vorbildern, damit nur ja kein schattiger, kühlender Baum und nur ja keine irgendwie g’schlampert und unkontrollierbar wuchernde, womöglich ökologisch wertvolle Pflanze da wachsen darf.
Dabei wird nicht berücksichtigt, dass 1820, als der Platz entstand, und erst recht zur Entstehungszeit des römischen Vorbildes, Städte, und die versiegelte Fläche, viel kleiner waren, die umgebende Natur viel näher;  dass es in Europa damals schon deshalb kühler war als heute, weil die kleine Eiszeit noch bis 1850 herrschte; dabei werden existentielle Bedrohungen durch Hitze und Artensterben nicht berücksichtigt. Die Denkmalschützer erkennen doch auch sonst an, dass die Menschen heute anders leben als früher – sonst dürfte man in kein Königsschloss Besuchertoiletten und Steckdosen einbauen, von modernen Anbauten ganz zu schweigen! Wenn es aber ums Verhindern von Bäumen geht, sind sie immer vorne dran.

 

Susanne Tillich

© Foto: LHM

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