Leserbrief: Baumersatzpflanzungen für Ramersdorf sofort – Antrag der Schutzgemeinschaft Ramersdorf e.V.

Je mehr der Klimawandel voranschreitet und er schreitet ja schneller voran, als wir befürchtet haben – desto unerträglicher erscheint uns, wie viele Bäume Woche für Woche in München für Bauvorhaben geopfert werden. In Ramersdorf sind es in den nächsten Monaten/Jahren allein im Zuge dreier größerer Bauvorhaben 350 Bäume (430 mit den Bäumen, die für die Geothermie auf dem Gelände des Michaelibads fallen müssen), darunter etliche sehr alte stattliche Exemplare. (Darunter aber nicht die Linden in der Führichstraße, die nicht gefällt werden, solange die schönen Reihenhäuser hinter ihnen stehen. Und die werden stehen bleiben, weil wir ihren Ensembleschutz respektieren und uns auch zukünftig für Baum & Haus einsetzen werden.)

Wer nur einen Baum in seiner Nähe hat, weiß, wie gut er für Frischluft sorgt. Bereits eine Buche verarbeitet pro Jahr 12,5 Kilo CO2, 80 Buchen putzen durch ihre Photosynthese Jahr für Jahr eine Tonne weg. Wer eine Allee in seiner Straße hat, weiß, dass sie im Sommer gut zu durchgehen ist. Bäume sind in einer hochverdichteten Stadt wie München lebenswichtig, nimmt man den Klimawandel ernst, so sind sie sogar lebensrettend.

In einer aktuellen Studie von Prof. Pauleit stammen folgende Zahlen: „… In einer ersten Hochrechnung wurden die Ökosystemleistungen eines gesamten Platzes bestimmt. Zum Beispiel beträgt die Biomasse aller 31 Bäume am Rotkreuzplatz (Größe 6500 m2) 37,2 t und speichert derzeit 5,3 CO2 pro Jahr. Die Bäume produzieren 2934 m3 Sauerstoff pro Jahr und verdunsten zusammen 665 m3 Wasser, wodurch sich ein Kühleffekt von 14,9 W m2 ergibt.“

Nimmt man diese Zahlen und überträgt sie z.B. auf das Gebiet Haldenseesiedlung, dann könnten im Zuge der Neubebauung durch die Fällung von 130 Bäumen, die der Baumschutzverordnung unterliegen und teilweise einen stattlichen Baumumfang vorweisen, in etwa 156 t Biomasse verloren gehen. Diese 130 Bäume könnten also 22 t CO2 pro Jahr speichern und 12000 m3 Sauerstoff pro Jahr produzieren, die Verdunstung läge bei 2788 m3 Wasser und es ergäbe sich ein Kühleffekt von 62 W m2. (Gerechnet auf der Grundlage der am Rotkreuzplatz erzielten Ergebnisse, s. https://www.bdla.de/de/dokumente/bundesverband/klimaanpassung-und-gruene-infrastruktur/1136-kuehle-baeume-bdla-verbandszeitschrift-landschaftsarchitekten-3-2021/file)

Zurück zum Thema Baumersatz. Die Schutzgemeinschaft Ramersdorf ist nicht grundsätzlich gegen Bauvorhaben und wir kennen die Gesetze (Baurecht bricht Baumschutz), daher fordern wir, dass die Stadt München sich alle erdenkliche Mühe gibt, den Verlust an Bäumen im Viertel möglichst rasch auszugleichen, und zwar ebenfalls im Viertel, nicht irgendwo anders. In Zeiten des Klimanotstands kann man eben nicht fünf bis zehn Jahre warten, bis alle Gebäude fertig sind und dann erst mit dem Pflanzen beginnen. Man muss sofort handeln und sich Orte suchen, wo Bäume gut stehen könnten, auch außerhalb der jeweiligen Bauplätze. Zum Beispiel in der Adam-Berg-Straße oder am erweiterten Jäcklinplatz. Eine Begrünung dieser Gebiete hat die Schutzgemeinschaft Ramersdorf bereits vor sechs Jahren auf einer Bürgerversammlung gefordert.

Folgender Antrag wurde daher auf der Ramersdorfer Bürgerversammlung am 27.10.2021 gestellt, dieser wurde von den anwesenden Bürgern einstimmig angenommen:

Wir sorgen uns um den großen Baumverlust in Ramersdorf, der durch mehrere Bauvorhaben in den kommenden Monaten zu erwarten ist, vor allem im Rahmen größerer Bauvorhaben in der Haldenseesiedlung, der Ottobrunner Straße sowie der Adam-Berg-Straße. Damit verbunden ist eine Verschlechterung des Mikroklimas vor Ort, das nicht durch Neupflanzungen in den nächsten Jahren kompensiert werden kann. Sondern möglichst umgehend kompensiert werden muss. Wir stellen daher den Antrag, die festgesetzten Baumneupflanzungen in den jeweiligen Neubaugebieten vorzuziehen sowie zu überlegen, wo an anderer Stelle in Ramersdorf Neupflanzungen die Verluste kompensieren können.

Bettina Rubow, 1. Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Ramersdorf

2 Kommentare

  1. Gutes neues Jahr! -aber…
    2022 könnte sich für Münchner Altbäume ein neuer Fäll-Rekord ergeben, wenn man anstehende Bau-Projekte betrachtet, wie hier in Ramersdorf oder für die U5 in Laim:
    https://buergerdialog.online/blog-post/tv-muenchen-vom-13-dezember-2021-abschied-in-aller-stille-von-baeumen-in-laim/
    Bisherige Baumbilanz: Jährlich werden in München durchschnittlich fast 8200 Bäume mit Stammumfang von mind. 80cm gefällt (Zahlen der zuständigen städtischen Stellen seit 2010).
    Von 2010 bis 2021 kommt man so auf Zahlen von ca. 90.000 Baumfällungen älterer Bäume in 11 Jahren.
    Auf öffentlichen Flächen ist man bemüht, durch Nachpflanzungen junger Bäume den Verlust auszugleichen und jährlich werden dafür positive Zahlen veröffentlicht, siehe: https://ru.muenchen.de/2021/16/Staedtische-Baumbilanz-erneut-positiv-94309
    Für private Flächen sieht es dagegen traurig aus – jährlich wird hier mehr als 1/3 der gefällten Altbäume nicht durch Nachpflanzungen ersetzt.
    So kommt es in der Zahlen-Bilanz zu einem großen Verlust – der Verlust an wertvoller, lebendiger Biomasse ist noch weit größer.
    Beim Bund Naturschutz München ist als Fazit zu lesen:
    “München verliert jährlich ca. 2.500 Bäume. Die meisten davon werden für den Bau von Wohnungen gefällt, denn in der immer weiter wachsenden Stadt wird der Platz für Bäume knapp. Aber mit jedem gefällten, großen, alten Baum verlieren wir ein Stück Natur in der Stadt.” (https://bn-muenchen.de/themen/baumschutz/).
    Ein weiteres Beispiel: Für Bauen im Bestand wird in Fürstenried West geplant ab 2022 ein Altbaumbestand von über 180 Bäumen auf wertvollen Grün- und Versickerungsflächen gefällt und die Flächen mit 4x 16stöckigen Hochhaus-Neubauten zwischen den bestehenden 8stöckigen Hochhäusern versiegelt.
    Aktuell kann man überall beobachten, wie Wohnungsbau vorangetrieben wird ohne Rücksicht auf Baumbestand und der Hitzeinseleffekt ständig verstärkt wird. Viele wärmegedämmte Neubauten lassen sich dann dereinst vielleicht klimaneutral rechnen, wenn unsere Enkel in einer überhitzten Stadt sitzen…(?)
    Die Münchner Bürger haben ein Recht, die ausführlichen Zahlen der gesamten Baumbilanz – auch für den privaten Bereich – zu erfahren.
    Und: Die Politik muss alles tun, alten Baumbestand für unsere Kinder und Enkel zu erhalten.

    Und wir Bürger müssen 2022 viel mehr werden beim Demonstrieren für Baumerhalt (!) wie hier (s.video von der Demo dort):
    https://buergerdialog.online/2021/12/02/abendzeitung-vom-1-dezember-2021-an-den-pinakotheken-droht-ein-kahlschlag-werden-42-baeume-gefaellt/

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