Klima 2021: Baumschutz vor Baurecht! Schutzkategorien verschärfen; Neuregelung Ersatzpflanzungen

Baustoff-Gewinnung (z.B. Kies, Sand), Gewerbegebiete, Autobahnen – alles angeblich gute Gründe, gesunde Bäume und ganze Waldgebiete zu zerstören. Deshalb hilft nur ein radikaler Schnitt: Bauvorhaben auf Kosten von Bäumen gehören verboten, sofern sie nicht nachweislich und unmittelbar für den Umwelt- u. Klimaschutz notwendig sind (d.h. wenn ein Verzicht auf die jeweilige Maßnahme der Umwelt stärker schaden würde als ihre Umsetzung).

Hier eine alte Baumgruppe, dort ein Hektar für eine neue Wohnanlage und vor der Stadt 10 Hektar Mischwald, wo der Kies, der für den Beton gebraucht wird, ausgegraben wird. Dazu werden Schutz-Kategorien wie ‘Bannwald’ oder ‘Landschaftsschutz’ einfach aufgehoben. Das ist Alltag in Deutschland. Es ist völlig ungerechtfertigt, dass Deutschland sich für einen Klima- und Waldschutz-Weltmeister hält.

Mit einem klaren Verbot sparen sich die Kommunen künftig auch die Diskussion, ob eine Fläche aus dem Landschaftsschutz oder sonstigen Schutzkategorien herausgenommen werden soll oder nicht. Am Ende gewinnt bisher sowieso fast immer das Bauprojekt. Das muss sich ändern!

Sog. ‘Ausgleichsflächen‘, Ersatzpflanzungen und einfache Wiederaufforstung nach Kahlschlag/Rohstoff-Ausbeute sind kein Ersatz, sondern Irreführung, da für einen großen, vitalen Laubbaum eigentlich Hunderte Setzlinge gepflanzt werden müssten, um die Photosynthese-Leistung auszugleichen, die zum Zeitpunkt der Fällung des alten Baumes verloren geht. Zugleich wird die Bedeutung der Bodenzerstörung oder -versiegelung noch komplett unterschätzt.

Maßnahmen könnten z.B. sein (Liste ist natürlich nicht vollständig, Ergänzungen gern gesehen):

1. Bauen und Bodenschatz-Ausbeute auf Kosten von Wald komplett verbieten; Ausnahme sind Vorhaben, die nachweislich und unmittelbar für den Umwelt- u. Klimaschutz notwendig sind (d.h. wenn ein Verzicht auf die jeweilige Maßnahme der Umwelt stärker schaden würde als ihre Umsetzung) und nachweislich nicht in waldfreien Gebieten realisiert werden können.

2. Bei Ersatzpflanzungen bzw. Ausgleichsflächen muss die tatsächlich verlorene Photosynthese-Leistung zugrunde gelegt werden, nicht die Anzahl der gefällten Bäume.

3. Schutzkategorien wie z.B. Landschaftsschutz dürfen nicht mehr so einfach aufzuheben sein wie bisher; es darf nicht so viele Ausnahmen geben (z.B. ist Wald-Kahlschlag zur Kiesausbeute im Außenbereich derzeit ohne Weiteres möglich).

4. Die Bautätigkeit, die unsere Landschaft auffrisst, muss generell heruntergefahren werden, z.B. durch

  • Neuregelung der Gemeindefinanzierung: die Kommunen unabhängiger machen von der Gewerbesteuer (= Lizenz zum Betonieren), indem diese Gewerbesteuer ersetzt wird durch umweltverträglichere Finanzierungsmodelle – so wird der Bau immer neuer, flächenfressender Gewerbegebiete überflüssig
  • Das Flächenwachstum der Boom-Städte eindämmen durch Strukturpolitik 2.0: strukturschwache Regionen im ganzen Land, die teils erhebliche Leerstände aufweisen, reaktivieren und in diesen Leerständen (anreiz-gesteuert) Unternehmen ansiedeln, um die Boom-Regionen zu entlasten und Flächenversiegelung durch Neubauten überflüssig zu machen (Sanierung Leerstände vor Neubau)
  • Flächen sparen durch kluge Lösungen wie interkommunale Gewerbegebiete, die dann am geeignetsten – waldfreien – Standort platziert und gemeinsam finanziert werden. Gemeinden bilden einen Gewerbe-Pool

Wald ist keine Verfügungsmasse, sondern Lebensraum!

Begründung

Wie an einer Perlenkette reihen sich in den Ballungsräumen Bauprojekte aneinander, für die Bäume und ganze Waldgebiete geopfert werden.

Das Problem: Ein kleines, ‘nettes’ Gewerbegebiet, ein neuer Handwerkerhof, ein Wohnblock im Landschaftsschutzgebiet mag für sich genommen als nicht so schlimm erscheinen, man braucht das ja alles. Da aber jede Gemeinde sagt: „MEIN Gewerbegebiet/mein Wohnblock ist genau an dieser Stelle unverzichtbar“ ist der negative Effekt in der Summe riesig.

Schutzkategorien wie ‘Landschaftsschutzgebiet’ sind nichts wert, weil sie für wirtschaftliche Interessen einfach aufgehoben werden können. Wofür braucht man sie dann eigentlich?

Dass jeder Gemeinderat eine Fläche ganz leicht aus dem Landschaftsschutz nehmen kann, hat zu der Wahrnehmung geführt, dass Bäume nichts wert sind – sonst könnte man sie nicht so leicht umdeklarieren von ‘schützenswert’ auf ‘Baurecht vor Baumschutz’.

Gleiches gilt für den angeblich so strengen Bannwaldschutz, der plötzlich ganz schnell weg ist, wenn der örtliche Baustoff-Produzent seine Kiesgruben erweitern will.

‘Ausgleichsflächen’ und Wiederaufforstungen sind kein Ersatz!

Die Tatsache, dass man, wenn man Wald ‘ent-schützt’, später wiederaufforsten oder woanders eine sogenannte Ausgleichsfläche schaffen muss, wo entsprechend dem Verlust oder sogar etwas mehr neu angepflanzt werden muss, ist nicht mehr als eine Beruhigungspille.

Denn erwachsene, oft sehr alte, riesige, vitale Bäume erbringen eine ungleich höhere Photosynthese-Leistung und binden viel mehr CO2 als junge Setzlinge, oft nur wenige Zentimeter groß. Bis diese den alten Baum ersetzen können, vergehen Jahrzehnte! Dazu kommt der Verlust wertvollen Waldbodens als Lebensraum für Kleinstlebewesen, Insekten uvm.

Rechnet man z.B. die Leistung einer hundertjährigen Eiche auf die Zahl der für einen WIRKLICHEN Ausgleich nötigen Mini-Bäumchen um, müsste man ggf. mehrere Hundert von diesen pflanzen, um die Leistung des alten Baumes zu ersetzen. Dazu fehlt der Platz, es fehlt das Geld, die Einsicht – und natürlich die gesetzliche Verpflichtung.

Abgesehen davon wird nur mangelhaft kontrolliert, was aus diesen Ausgleichsflächen längerfristig wird, wie sie sich entwickeln.

Da hilft nur eines: Der alte Baum muss bleiben!

Natürliche Verjüngung im Bestand ist jedem Kahlschlag und Wiederaufforstung vorzuziehen.

So kann eine nachhaltige, möglichst auch zertifizierte Forstwirtschaft z.B. für die Gewinnung von Bauholz/Holzbauten zukunftsorientiert fortgeführt und gestaltet werden.

Zur Petition

Ein Kommentar

  1. https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-schwabing-nachverdichtung-baumfaellung-1.5454296
    “…Zwischen Gernot- und Schleißheimer Straße:
    …Innerhalb weniger Stunden fielen knorrige alte Bäume, Hecken und Sträucher.
    …Entstehen sollen rund 30 “Galeriewohnungen des oberen Preissegments”, wie Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) es in einem Schreiben vom März formulierte. ….Das Grün steht dabei vor allem dem Bau einer Tiefgarage im Weg.”
    Haben wir da nicht gerade vollmundige Versprechungen gehört, München solle bis 2035 klimaneutral werden. Ist da die Anlage einer neuen Tiefgarage nicht geradezu eine Einladung, 30 weitere Autos in die Stadt zu bringen?
    Und wollte München sich nicht auf den Klimawandel vorbereiten und hitzeresilienter werden?
    Gedankenspiel: Die Mieter verweisen auf die gesunkene Qualität der Wohnungen und mindern die Miete. Das Gegenteil ist zu befürchten, der Vermieter verweist auf den neu eingebauten Lift, dessen Betriebskosten auf alle umgelegt werden – denn eine schicke Penthousewohnung betritt man nicht außer Atem, weil man 5 Stockwerke Treppen gestiegen ist.

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