Bürgerbegehren zur Bauleitplanung:
Gelten in Erlangen andere Gesetze als in München oder hält der Erlanger Stadtrat mehr von direkter Demokratie? In der Vollversammlung des Stadtrates folgte die große Mehrheit der Einschätzung der städtischen Juristen, die das Bürgerbegehren HochhausSTOP für unzulässig erklärten .
50.000 Unterschriften wurden zuvor gesammelt, um die 155 Meter hohen Büschl-Türme am Paketpostareal zu verhindern. Begründet wird die Ablehnung des Bürgerbegehrens mit einem Verstoß gegen das Abwägungsgebot.
Nach diesem müssen in der Bauleitplanung öffentliche und private Belange gegeneinander abgewogen werden, was durch ein Bürgerbegehren unmöglich wäre.
Anders in Erlangen: Dort wurden im März 5.500 Unterschriften für den Erhalt von Wohnungen für Pflegepersonal überreicht, wodurch das Quorum erreicht wurde . Durch eine geplante Ausweitung des Universitätsklinikums sollen dort mehrere Wohnheime für Pflegekräfte und Auszubildende wegfallen. Die Erlanger Verwaltung hat, im Gegensatz zu München, die Zulassung des Bürgerbegehrens explizit empfohlen. Ende Juni wird in einem Bürgerentscheid über den Erhalt von Wohnraum abgestimmt, obwohl dies auch in die Bauleitplanung und das Abwägungsgebot eingreift. Wenn man die beiden Fragestellungen in München und Erlangen vergleicht, so ähneln sich beide in der Struktur der Fragestellungen.
Beide Bürgerbegehren beziehen sich auf wichtige Projekte der Bauleitplanung:
In München: „Sind Sie dafür, dass die Stadt München alle rechtlich zulässigen Mittel ergreift, damit …“
In Erlangen: „Sind Sie dafür, dass die Stadt Erlangen … alle zulässigen Mittel im eigenen Wirkungskreis einsetzt, um …“
Doch die Behandlung im jeweiligen Stadtrat könnten gegensätzlicher nicht sein. Während es in Erlangen Ende Juni zu einem Bürgerentscheid kommen wird, weigert sich der Münchner Stadtrat das Votum der Bürgerschaft einzuholen. Für die Organisation „Mehr Demokratie“ist es „geradezu entsetzlich, welche Demokratievorstellung hier zum Vorschein kommt.“
München steht mit seinem juristischen Vorgehen allein in der Einschätzung zu planungsrelevanten Bürgerentscheiden. Ein solches Vorgehen schadet der Demokratie und fördert die Politikverdrossenheit.
Wir bitten aus diesem Grund um die Beantwortung der folgenden Fragen:
- War bei der Erarbeitung der Münchner Verwaltung das Erlanger Bürgerbegehren und die dortige rechtliche Einschätzung bekannt?
- Wie begründen die städtischen Jurist*innen die Ablehnung eines Bürgerentscheids HochhausSTOP in München im Vergleich zu dem zugelassenen Bürgerbegehren in Erlangen?
- Das Universitätsklinikum in Erlangen ist für die Stadt Erlangen sicherlich mindestens so wichtig wie der Investor Büschl für die Stadt München. Dennoch agiert der Münchner Stadtrat sehr viel willfähriger als der Erlanger Stadtrat. Erklärt sich das dadurch, das die Stadtratsmehrheit „die Hosen voll hat“ und „vor Angst schlottert“, wie es Altoberbürgermeister Ude so prägnant formulierte?
- Wenn sich die juristische Einschätzung der Stadt München durchsetzt, sind dann Bürgerbegehren, die Themen der Stadtplanung bzw. der Bauleitplanung in den Blick nehmen, in Zukunft überhaupt noch zulässig?
- Wird sich Oberbürgermeister Reiter in diesem Fall für die Änderung der rechtlichen Grundlagen für Bürgerbegehren einsetzen, damit auch die wichtigen Fragestellungen der Stadtplanung und der Bauleitplanung wieder durch Bürgerbegehren als Werkzeuge direkter Demokratie beeinflusst werde können?
Wir vom Bürgerdialog schließen uns den Fragen der Fraktion „Die Linke – Die Partei“ an und sind gespannt was der OB antwortet.
Bild: kentlichmachung der Höhe der Türme vom Luipoldpark aus gesehen, anhand der Höhenballons © Robert Hölzl
Tatsächlich ist der Ablehnungsbeschluss des StR tes außerordentlich bürgerunfreundlich. Die Verwaltung hält die Bürger für inkompetent in Fragen der Stadtgestalt. Dieses Urteil gegenüber der Bürgerschaft ist arrogant zumal es den Bürger von der Mitwirkung an der Stadtentwicklung und der Stadtgestalt ausschließen. Ein solches Urteil nähert sich dem Verhalten von autoritären Staaten. Dass die Verwaltung diese Haltung gegenüber den Bürger einnimmt, ist bekannt, dass sich aber der Stadtrat selbst dieser Meinung anschließt, ist erschütternd. Man kann nur hoffen, dass die Gerichte diese Arroganz zurückweisen und dem Bürger wieder das Recht an der Mitwirkung der Stadtentwicklung zurückgeben.