Raus aus der „Provinzialität“: Mit breiter Mehrheit verabschiedet der Planungsausschuss einen Beschluss für das große Neubauprojekt im Westen der Stadt. Als Nächstes könnte nun aber ein Bürgerentscheid anstehen.
Als die Debatte um Für und Wider des Neubauprojekts an der Paketposthalle auf ihr Ende zusteuert, ergreift Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) das Wort – und wird grundsätzlich: „Es ist ein Projekt, das wir in der Stadt brauchen“, sagt er über das Vorhaben mit den zwei 155-Meter-Hochhäusern, die aus Sicht der Befürworter zu einem Wahrzeichen ganz Münchens werden sollen.
(Anmerkung: Das wird vieleicht ein Wahrzeichen für den Investor, weniger wohl für die Stadt.)…Reiter weiß diesmal eine große Mehrheit des Stadtrats hinter sich. Als kurz danach die Abstimmung über den Billigungsbeschluss ansteht, der einen vorentscheidenden Schritt auf dem Weg zum Baurecht für das Vorhaben im Stadtteil Neuhausen bedeutet, kommen Gegenstimmen nur von den Mitgliedern der zwei kleinen Oppositionsfraktionen Die Linke/Die Partei und ÖDP/München-Liste.
…Die übrigen Fraktionen, also Grüne/Rosa Liste, SPD/Volt, CSU/Freie Wähler und FDP/Bayernpartei, sprechen sich für das Investorenprojekt der Büschl-Unternehmensgruppe aus Grünwald aus.…Es sieht vor, dass auf dem Grundstück in der Nähe des S-Bahnhofs Hirschgarten neben den Zwillingstürmen sechs weitere Neubauten entstehen. Insgesamt sind 1190 Wohnungen – die Hälfte davon als geförderte oder preisgedämpfte Mietwohnungen – vorgesehen, dazu 3000 Arbeitsplätze und weitere Nutzungen wie Hotel, Einzelhandel und soziale Einrichtungen.
….Zudem verpflichtet sich der Investor, die denkmalgeschützte Paketposthalle zu sanieren und zu einem öffentlichen Ort zu machen. Unter der Halle soll ein Konzertsaal für 3000 Menschen entstehen, alternativ ist ein Kongresszentrum möglich. Es werde ein „Projekt, das Wohnen, Arbeiten und Leben in einer einzigartigen Balance vereint“, verspricht Investor Ralf Büschl.
(Anmerkung: Investor Ralf Büschl hat schon viel versprochen, z. B. bei der Großmarkthalle – und was ist daraus geworden?)…„Wir stehen dazu, dass man Gewerbeflächen neu entwickelt zu einer bunt gemischten Stadt“, sagte Grünen-Stadträtin Anna Hanusch in der Debatte. Sie ging auch auf die Ablehnung des Landesamts für Denkmalpflege ein, das die Hochhäuser als Schaden für die Wirkung von Schloss Nymphenburg einstuft: „Das Schloss wird es ehrlich gesagt überleben“, sagte die Grünen-Politikerin. Der Schaden für das Schlossensemble sei nicht so groß, dass man deswegen das Paketpost-Projekt mit all seinen Vorteilen für die Stadt verhindern solle.
(Anmerkung: Frau Hanusch hat mir im Februar 2024* auf meine Frage geantwortet, daß München keine Hochhausstadt werden würde und die Visualisierungen der Initiative HochhausSTOP nicht den Planungen der Stadt entsprechen, sondern jede Hochhausplanung extra geprüft würde. – Was entsteht gerade in Harlaching, Milberbertshofen, Obersendling, Neuperlach usw.? – Läßt sich hier der Stadtrat, samt OB von einem Investor aus Grünwald über den Tisch ziehen?)..Heike Kainz (CSU) nannte das Vorhaben gar „fantastisch“. Durch die geplante Bebauung an der Paketposthalle würde die gesamte, städtebaulich eher monotone Achse entlang der Bahnstrecke „endlich ein Gesicht bekommen“.
..Die Türme sollen nach den Plänen des Investors und seines Architekturbüros Herzog/de Meuron vornehmlich dem Wohnen dienen. Die zwei obersten Geschosse werden öffentlich zugänglich.
„Die Fachwelt ist sich einig, dass hohe Hochhäuser weder ökologisch noch nachhaltig noch kosteneffizient zu betreiben sind“, argumentierte Linken-Stadträtin Brigitte Wolf. Sie sieht in den Türmen kein positives Wahrzeichen, „sondern die Stadt wird identifiziert als Stadt für die Superreichen“.
weiterlesenvon Sebastian Krass, SZ
Foto: Visualisierung von der Friedenheimer Brücke aus.
Wie wir über Münchnen-Transparent erfahren konnten, haben die Stadträte die Vorlage zum Billigungsbeschluss erst am Wochenende vor der heutigen (15. Januar 2025) Sitzung erhalten – es waren über 500 Seiten zum durchlesen. Das Schriftstück liegt uns vor – dort steht explizit: Sitzungsvorlage Nr. 20-26 / V 15429, eine Zeile tiefer: Beschluss des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung vom 15.01.2025 (VB), ausgesendet am Samstag den 11. Januar 2025, also 4 Tage vor der Sitzung des Planungsausschusses, welcher Stadtrat kann übers Wochenende über 500 Seite an Information verarbeiten? (sofern er die Weiterleitung an seine pvt. Emailadresse eingerichtet hat, alle anderen erst am Montag)
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Sehr geehrter Herr Hölzl, Sie hatten wohl Probleme einen Kontakt von mir zu finden. Aber hier eine Antwort auf ihre Frage. Natürlich ist es grundsätzlich möglich auch einigermaßen dicht nebeneinander eine Hochhausskyline zu bauen. Und ich kann für mich sagen, dass Warschau und auch Vancouver, New York, San Francisco oder Seattle - die ich tatsächlich persönlich schon gesehen habe - tolle Städte sind und eine Skyline nichts grundsätzlich schlechtes. Es gibt aber auch viele Städte ohne hohe Hochhäuser, die ich mag. Ich liebe Städte zu bereisen in all ihrer Vielfalt und Einzigartigkeit, aber ob Dinge die mir dort gefallen dann auch für München passen ist noch einmal andere Frage. Jede Stadt hat da ihren Weg und natürlich ihr gebautes Erbe und Gesicht. Und wer München und insbesondere die Abläufe der Münchner Stadtplanung kennt, sowie das Baurecht - und außerdem die Hochhausstudie richtig liest und versteht - der kann sich nur verwundert die Augen reiben, wie ein ausgebildeter Architekt in Federführung solche Darstellungen für München machen kann. Und die Behauptung, so ein Bild wäre von irgendjemandem in der Stadtplanung oder Stadtpolitik das Ziel oder mit der Hochhausstudie intendiert - dass ist einfach ein Frechheit und fachlich und sachlich falsch. Es soll Ängste erzeugen und hat außerdem mit dem konkreten Text des Bürgerbegehrens nichts zu tun. Dieser Text fordert ja nur für eine einzige konkrete Stelle die Begrenzung auf 60m und die komplette Stadt die jetzt mit diesen grauen Klötzen vollgestellt wird, wäre von dem Entscheid überhaupt nicht betroffen. Und so etwas ärgert mich einfach, weil es nur das Ziel verfolgt Verunsicherung zu erzeugen. Die Hochhausstudie setzt Hochhausplanungen klare Grenzen und gibt sehr ambitionierte Qualitätskriterien vor. Die Zonen sind Leitlinien für die Beurteilung, aber bedeuten keine Vorab-Freigabe oder gar Wunsch, dass man dort in die Höhe gehen muss - nur dass man es im Einzelfall könnte, wenn man auch noch weitere Kriterien erfüllt. Das haben die Investoren im übrigen auch verstanden und stehen nicht in Scharren auf der Matte beim Planungsreferat seit die Studie im Sommer beschlossen wurde. 1. Die Hochhausstudie ist eine Studie - kein Bebauungsplan und sie stellt auch keinerlei Baurecht in Aussicht - es muss in jedem einzelnen Projekt, das in diesen Zonen möglicherweise geplant wird, eine Abwägung nach strengen Qualitätsrichtlinien erfolgen. Der Stadtrat und auch die Verwaltung werden daher niemals Projekte in dieser Masse und so dicht nebeneinander genehmigen. 2. Diese Kriterien haben wir auch so verschärft im Beschluss, dass z.B. ein ÖPNV-Anschluss mit U-Bahn oder Tram so nah sein muss, dass ein Teil der Flächen in diesen Zonen schon mal direkt rausfliegt - wenn nicht der ÖPNV ausgebaut wird. Außerdem muss es ein Vorschlag sein der Wohnen beinhaltet und außerdem noch einen Mehrwert durch öffentliche Nutzung. Dazu kommen weitere generelle Vorgaben der Stadt München zum Klimaschutz oder sozialen Auflagen über die SoBoN, so dass eh immer weniger Investoren noch solche Projekte stemmen können und wollen. Hier der Bechlusstext. https://risi.muenchen.de/risi/dokument/v/7805773 3. Die Flächen sind ja nicht leer, sondern in Nutzung. Wer denkt, dass wirklich alle Eigentümer in dem Bereich Lust und Geld haben diese ja fast durchgehend durchaus funktionierenden Bestandsgebäude abzureißen und mit Hochhausplanungen zu starten ist wirklich der realen Immobilenwirtschaft - gerade in der aktuellen Situation - und auch sonst der realen Welt sehr fern. Hier noch ein Link zur Immoblienzeitung nach der Verabschiedung der Hochhausstudie: Die Kenner der Baubranche werfen uns da ja vor Hochhäuser zu verhindern.
4. Vor dem Beschluss der Hochhausstudie galt informell, dass man sich am Bürgerentscheid von 2004 orientiert, der Hochhäuser außerhalb des Mittleren Rings nur bis 100m zulassen wollte. Es hätten aber die ganzen Jahre Häuser bis 100m geplant und gebaut werden können. Ich verstehe nicht wo da jetzt mit der Studie - die eben viel differenziertere, aber auch strengere Auflagen macht, auf einmal ein Signal gesendet wird jetzt endlich 80m hoch zu bauen. Diese Behauptung eines „Dammbruchs“ oder die Vermutungen von „Schwammerln“ die sich vermehren, entbehren daher jeder wirklichen Grundlage. Denn es hat sich selbst in den „Goldenen Jahren“ der Immobilienbranche mit niedrigsten Zinsen und vor 2021 auch noch lockerer SoBoN-Regel und weniger Klimaschutzauflagen keine Armada von Investoren aufgemacht und Hochhausprojekte - auch nicht bis 99 m - vorgeschlagen. Nachdem schon die Flyer zum Teil sehr pauschale vereinfachende Behauptungen aufgestellt haben. sind diese Visualisierungen wirklich noch ein erschreckender Schritt in Richtung reinen Populismus, der versucht Ängste zu schüren, die jeder Grundlage entbehren. Ich habe mich schon in den vergangen Jahren an vielen Stellen der Debatte zu Hochhäusern Generellen und auch im Einzelfall Paketposthalle gestellt - und mache dass auch weiter - aber bitte auf einer fachlichen und sachlichen Grundlage. Gruß Anna Hanusch Anna Hanusch Ehrenamtliche Stadträtin der Landeshauptstadt München Fraktion Bündnis90/DieGrünen/RosaListe Mitglied im Planungs-, Bau- Kommunal- und Umweltausschuss Bezirksausschussvorsitzende Neuhausen-Nymphenburg