Ungemach droht dem Schlossensemble Nymphenburg durch die geplanten Festschreibungen in der Münchner Hochhausstudie (HHS) 2023 und den auf den Weg gebrachten Bebauungsplan für zwei Wolkenkratzer an der Paketposthalle. Mit einer geplanten Höhe von jeweils 155 Metern werden sich diese Türme, wiewohl 1,9 km entfernt von Nymphenburg, unübersehbar in das Stadtbild einschreiben und Sichtachsen und Blickbeziehungen dauerhaft belasten, so die Verlautbarung des Deutschen Verbandes für Kunstgeschichte, vom Montag, 08.05.2023.
Das vom Verband hinsichtlich der geplanten baulichen Ausgestaltung kritisch gese-hene Projekt Biotopia verzögert sich derzeit (vgl. SZ v. 29.09.2022: https://www.sued-deutsche.de/muenchen/muenchen–biotopia–naturkundemuseum–schloss–nymphen-burg–1.5666370). Es bestehen jedoch Hoffnungen, hier doch zu einer Lösung zu kom-men, die dem Denkmal mit seinen Zeitschichten in Gänze gerecht werden wird.
Zu kritisieren sei, so der Verband, aber die Vorgehensweise der Stadt München bei den geplanten Hochhäusern. Eine methodisch fundierte Sichtachsen– und Raumwirksamkeitsuntersuchung innerhalb des Ensembles Schloss Nymphenburg hat nicht stattgefunden. Betrachtet wurde nur die zentrale Mittelachse, die auf das Hauptgebäude mit dem weltberühmten Steinernen Saal zuführt. Unberücksichtigt blieb jedoch das dem Schloss vorgelagerte, riesige Schlossrondell, dessen Halbkreisform den Blick auf die Schlossfassade weitet. Die hier befindlichen Kavaliershäuser und die zugehörige Schlossmauer bilden den Rahmen, in dem Nymphenburg, eines der größten Barockschlösser Europas, seine grandiose Wirkung entfaltet.
Das Stilmittel der räumlichen und architektonischen Steigerung diente der gezielten Inszenierung der fürstlichen Herrschaft und deren Lebenswelt. Eine Störung dieser historisch geprägten Gesamtkomposition – etwa durch die geplanten Wolkenkratzer – trifft also das Wesen und den Charakter dieses bedeutenden Denkmals barocker Stadtbaukunst. Insofern muss es das Ziel der Denkmal– und Stadtbildpflege bleiben, die Sichtbezüge auf das Schloss und innerhalb der Schlossanlage zu erhalten und zu bewahren. Das historische Bild und die barocke Anmutung des Schlossrondells gehören unmittelbar zur städtebaulichen Großfigur und zur geschützten Erscheinung von Schloss Nymphenburg. Die Reduktion auf eine ausgewählte Achse verkennt den raumgreifenden Charakter der Gesamtanlage und wird dem Untersuchungsgegenstand in keiner Weise gerecht.
Werden die Untersuchungen nicht verbessert und entsprechend die Planungen korrigiert, könnte sich nach Ansicht des Verbandes künftig also neuzeitliche Architektur in einer Weise in dieses Blick–Gefüge hineindrängen, die die historische Schlossanlage, ihre baukünstlerische Aussage und ihre Denkmalbedeutung erheblich beeinträchtigt.
Die auf der mangelhaften Untersuchung basierende Hochhausplanung ist daher in dieser Form abzulehnen und eine erneute Untersuchung zu fordern, die auch dem Vergleich mit anderen bundesweiten und internationalen Anlagen und den dort angesetzten Qualitätsmaßstäben Stand hält.
Schloss und Park Nymphenburg stellen ein Kulturdenkmal von internationalem Rang dar. Eine Entwertung stellt eine schwere Hypothek auch für dessen künftige Vermittlung und seine internationale Anerkennung dar.
Das Denkmalnetz Bayern hat in seiner Stellungnahme im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung „Änderung des Flächennutzungsplans mit integrierter Landschafts-planung für den Bereich V/65 und Bebauungsplan mit Grünordnung Nr. 2147“ im März 2023 eine klare Position gegen diese Hochhausplanungen bezogen:
https://www.denkmalnetzbayern.de/files/website/media/mitglieder/user_files_1/ein-
wendung–dnb_an–planungsreferat–muenchen–zum–paketpostareal.pdf
Die Rote Liste gefährdeter Kulturdenkmäler im Deutschen Verband für Kunstgeschichte schließt sich dieser Einschätzung an.
Der Verein „HochhausStop – München den Menschen“ ist ein eingetragener Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, die Stadtentwicklung kritisch zu begleiten. 1. Vorsitzender ist Robert Brannekämper, MdL und Vorsitzender des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst des Bayerischen Landtags, 2. Vorsitzender ist Wolfgang Czisch,
Stadtrat a.D. und ehem. Korreferent des Referats für Stadtplanung und Bauordnung der Landeshauptstadt München.