München, im November 2020 – Mit dem Trauerbaum möchte die Schutzgemeinschaft Ramersdorf e.V. auf die 2500 Bäume hinweisen, die im Schnitt Jahr für Jahr meist aufgrund von Bauvorhaben in München gefällt werden.
Auch im Zuge der Neubebauung der Siedlung an der Haldenseestraße müssen 170 Bäume weichen, darunter laut städtischer Aussage 70 erhaltenswerte Exemplare. Vor allem die Großbäume sind naturgemäß nicht schnell zu ersetzen und werden nicht nur uns fehlen. Bäume sind fürs städtische Klima unersetzlich. Insgesamt erhöht sich die Versiegelung im Planungsgebiet gegenüber dem Bestand mit der geplanten Verdichtung um circa 0,99 ha.
Stadt und GWG argumentieren mit Ersatzpflanzungen und wollen auf dem Papier (s.u.) möglichst viele Bäume erhalten. Fakt bleibt, dass beim Bauen Bäume grundsätzlich als hinderlich betrachtet werden. Notfalls stellt man sie als Sicherheitsrisiko hin und fällt. Bauvorhaben und Bauwirtschaft sind in München die größten Klimasünder – dennoch wird darüber so gut wie nie geredet. Wohnungen bauen und vor allem mit Wohnungen Geld verdienen: das geht immer vor. Die Bauwirtschaft wird vom Klimanotstand komplett ausgeschlossen.
Der mittlerweile unstrittige Klimanotstand mit den heißen Sommern und die weiter zunehmende Feinstaubbelastung verlangen nach sofortigen Maßnahmen zur Vermehrung des Grüns.
Mit anderen Worten: Es muss jetzt mit Neupflanzungen, also zusätzlichen Bäumen reagiert werden, zusätzlich zu dem noch vorhandenen Bestand. Wem nützt Wohnraum in einer immer heißeren, und durch aggressivere Luft auch zunehmend ungesünder werdenden Stadt? Wohnraum schaffen, also neu bauen, kann nicht alle anderen Aspekte verdrängen. Der Erhalt von Grün ist keine Frage der Einstellung, sondern eine schlichte Notwendigkeit zum Erhalt der Stadt.
Zum Hintergrund: Die SGR (Schutzgemeinschaft Ramersdorf) hat sich für Bürgerbeteiligung sowie eine maßvolle Neubebauung der Siedlung an der Haldenseestraße eingesetzt, für den höchstmöglichen Erhalt des Grünbestands, für eine gute Durchwegung des neuen Quartiers und für eine nachhaltige Bauweise. Der Schutz des Grünbestands war eine der zentralen Forderungen auch der Bürgerbeteiligung vor Ort.
Es wird in diesem Jahr keine Bürgerversammlung für Ramersdorf geben, unsere Baumtrauer ersetzt den Antrag dort, soll aber darüber hinaus auch darauf hinweisen, dass angesichts der klimatischen Entwicklung viel mehr für Bäume und städtisches Grün getan werden müsste. Wir wollen auch dafür sensibilisieren, bei der Umsetzung jeder Bauplanung streng auf den Baumschutz zu achten und vor allem danach auf die Neupflanzung. Insgesamt 110 neue Bäume sind uns für die Haldenseesiedlung versprochen worden. Bis ihre Klimabilanz allerdings das Niveau der bestehenden Grünstruktur erreicht hat, werden Jahre bis Jahrzehnte vergehen.
Hintergrundinformation
Baumbilanz:
Von den im Planungsgebiet vorhandenen zirka 270 Bäumen müssen im Zuge der Umsetzung der Neuplanung bis zu zirka 170 Bäume gefällt werden. Von den betroffenen Bäumen unterliegen ca. 130 Bäume der Baumschutzverordnung, wovon lediglich 70 Bäume als erhaltenswert bzw. sehr erhaltenswert und 60 Bäume hingegen als ersetzbar bzw. nicht erhaltenswert eingestuft sind. Dem gegenüber sind gemäß den Festsetzungen mindestens 110 Bäume neu zu pflanzen.
In den ersten Plänen sprach man von 60 bis 107 Bäumen, die je nach Entwurf zu fällen sind, s. hierzu die erste Informationsveranstaltung in der Echardinger Einkehr.
Dadurch ist mit der Neuplanung ein erheblicher und nachhaltiger Eingriff in Natur und Landschaft
verbunden, der auszugleichen ist. Die Ausgleichfläche kann nicht im Planungsgebiet untergebracht
werden. Ausgleichsgebiet ist die Fröttmaninger Heide mit 0,36 ha.
Link zum Bebauungsplan / Billigungsbeschluss: https://www.rismuenchen.de/RII/RII/DOK/SITZUNGSVORLAGE/5523000.pdf
Nach Schätzungen des Bundes Naturschutz verliert die Stadt jedes Jahr 2500 Bäume. Die Grünen im Rathaus wollen dem Baumschutz nun mit einem sechsteiligen Antragspaket mehr Energie und Durchschlagskraft verleihen.
Äußerung BUND Naturschutz in Bayern e.V., Schreiben vom 23.09.2019:
Der Bund Naturschutz lehnt den oben genannten Bebauungsplan mit Grünordnung ab, sieht aber
auch positive Aspekte der Planung.
Positiv sei: die Förderung des Fußgänger- und Radverkehrs sowie des ÖPNV durch die Schaffung eines attraktiven Wegenetzes mit gleichzeitiger Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs durch z. B. Umwandlung der Haldenseestraße in eine Sackgasse oder der Schaffung eines alternativen Angebotes. Auch die Nutzung von Solaranlagen sowie die Begrünung der Flachdächer seien positiv zu bewerten. Auch die Versorgung der Siedlung mit Fernwärme werde befürwortet.
Erhalt des Baumbestandes und der Grünflächen: Im Planungsgebiet befinden sich Linde, Birke, Buche, Esche, Feldahorn, Fichte, Hybrid-Pappel und Säulenpappel. Einige dieser Bäume seien sehr mächtig und alt. Somit seien sie für die Wohnanlagen visuell sehr prägend. Von den insgesamt 270 Bäumen im Planungsgebiet seien 210 Bäume durch die Baumschutzverordnung geschützt.
Zur Umsetzung der Neuplanung werde man um die 170 Bäume fällen. Dabei unterlägen 130 Bäume der Baumschutzverordnung und sollten unbedingt erhalten bleiben. Neben der Produktion von Sauerstoff vermögen Bäume auch Schadstoffe aus der Luft zu filtern und Schatten zu spenden. Im Sommer entstehe kühle, frische Luft ausschließlich auf Wiesen und in Wäldern, wo die Luft frei zirkulieren könne und Bäume Schatten spenden. Deshalb dienten die grünen Inseln in Wohngebieten vor allem Kindern und älteren Anwohnern als wichtige Naherholungsgebiete und seien unabdingbar für deren Gesundheit.
Der BN fordere daher den vollständigen Erhalt des bestehenden Baumbestandes und sei für eine weitere Begrünung.
Auch die Grünflächen seien aufrechtzuerhalten und sollten nicht in Gewerbe, Lade- und Verkehrsflächen umgewandelt werden.
Stellungnahme der GWG:
Die Planung berücksichtigt soweit als möglich den vorhandenen Baumbestand, da sie sich am bestehenden Siedlungsgrundriss orientiert. Dadurch können bei Umsetzung der Planung grundsätzlich ca. 100 Bäume erhalten werden.
Im Bebauungsplanentwurf mit Grünordnung sind 61 Bäume als zu erhalten festgesetzt. Die GWG hat zudem erklärt, dass es ihr Ziel ist, zusätzlich zu diesen zu erhaltenden Bäumen möglichst viele weitere erhaltenswerte Bäume zu berücksichtigen. Es sollen daher nur solche Bäume gefällt werden, die aufgrund der konkreten Baumaßnahme nicht gehalten werden können bzw. ein Sicherheitsrisiko darstellen. Auch wird sie während der Bauphase für einen schonenden Umgang im Sinne des Erhalts der vorhandenen Bäume sorgen.
Durch die Festsetzungen des Bebauungsplans werden mindestens 110 Baumneupflanzungen gesichert. Der Verlust des geschützten Baumbestandes (zirka 130 Bäume) kann dadurch mittelfristig weitgehend kompensiert werden. Darüber hinaus werden auch künftig große Hofflächen bereit stehen, die nicht unterbaut sind und dadurch uneingeschränkte Wuchsbedingungen für Bäume bieten.
Die Abfolge der „Grünen Plätze“ und die Höfe bilden großzügige Grünräume.
Eine ausreichende Ein- und Durchgrünung des Wohngebietes, die klimatisch wirksam ist, die die
Wohlfahrtswirkung von Bäumen für die Bewohnerschaft sichert und einen angenehmen Aufenthalt im
Freien ermöglicht, wird somit auch künftig gewährleistet.
https://la24muc.de/17413/vom-millionendorf-zur-megacity-2/
Ersatzpflanzungen sind nicht die Lösung
Dass München jedes Jahr über 2.500 Bäume verliert, ist nur die halbe Wahrheit. Schlimmer noch ist,
dass überall großer alter Baumbestand vernichtet wird, der zwar stückzahlenmäßig durch
Ersatzpflanzungen kompensiert wird. Doch ein junges Bäumchen erbringt jahrzehntelang nicht die
Luftfilterleistung einer 100-jährigen Eiche. Ein gefällter Bestandsbaum müsste daher eigentlich durch
40 kleine Bäume ersetzt werden, meinte Andreas Dorsch, Vorsitzender des Vereins Gartenstadt
Harlaching, auf Platz 2 der München-Liste, Dipl.-Forstwirt & Vermessungsingenieur.