München: Causa Perlschneiderhof, oder wie die Stadt ein historisches Gebäude verfallen lässt

Was muss eigentlich passieren bis für das Kommunalreferat ein Antrag „dringlich“ ist? Causa Perlschneiderhof, oder wie die Stadt ein historisches Gebäude verfallen lässt
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider und Hans-Peter Mehling (Fraktion ÖDP/FW) vom 1.7.2020

Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:

In Ihrer Anfrage teilten Sie uns Folgendes mit:
„Die ÖDP hat am 19.2.2020 einen ausführlichen Antrag (14-20/A 06809) zum Thema ‚Erhalt des Perlschneiderhofs in Pasing‘ gestellt. Dieser Antrag wurde bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht bearbeitet bzw. wurde noch kein Schritt zur Rettung des historischen Gebäudes unternommen. Aus diesem Grund stellte die Fraktion ÖDP-FW am 24.6.2020 einen Antrag zur dringlichen Behandlung, mit der Bitte die Thematik im Kommunalausschuss am 2.7.2020 zu behandeln. Die Referatsleitung hat dieser Bitte nicht entsprochen, die Dringlichkeit wurde verneint.“

Zu dieser Thematik wird vorausgeschickt, dass die Landeshauptstadt München an dem Anwesen Manzingerweg 3 lediglich Teileigentum von 50 Prozent hält und somit nicht die alleinige Verfügungsgewalt über den sog. „Perlschneiderhof“ hat. Ergänzend wird auf die Antwort zu Ihrem Stadtrats-Antrag vom 19.2.2020 (Nr. 14-20/A 06809) verwiesen.

Sie bitten in diesem Zusammenhang um die Beantwortung der folgenden Fragen:

Frage 1:
Wurden die Gebäudeschäden am Perlschneiderhof, die sogar für jeden Laien sichtbar sind, vom Kommunalreferat seit dem 19.2.2020 begutachtet?

Antwort:
Die baulichen Mängel und Schäden erstrecken sich ersichtlich über alle Bauteile. Der Sturmschaden an der Dacheindeckung wurde dem Bauunterhalt des Kommunalreferates gemeldet, am 6.7.2020 besichtigt und in der Woche vom 13. bis 17.7.2020 provisorisch behoben. Weitergehende Maßnahmen sind über den Bauunterhalt schwerlich möglich, da das Kommunalreferat aufgrund des Teileigentums nur Zugang zum Grundstück, nicht aber zum Gebäude hat.

Frage 2:
Wenn ja, wie bewertet das Kommunalreferat die Schäden und gibt es eine Planung diese zu beseitigen?

Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 1.

Frage 3:
Ist der Referatsleitung des Kommunalreferates das ISEK (integriertes Stadtteilentwicklungskonzept) mit dem Ziel des Erhalts des Perlschneiderhofs bekannt?

Antwort:
Ja.

Frage 4:
Wie interpretiert das Kommunalreferat die angedachte Maßnahme: „Öffnung und Sanierung des Perlschneiderhofs mit dem Ziel, einen zentralen Treffpunkt zu schaffen, ggf. gastronomische Nutzung“ (S. 44 des ISEK)?

Antwort:
Die angedachte Maßnahme wurde im ISEK festgeschrieben, allerdings hat die Stadt aufgrund des Teileigentums nicht die alleinige Handlungsmacht. Auch fallen für eine Sanierung erhebliche Kosten an, welche von dem entsprechenden Nutzerreferat bereitgestellt werden müssten.

Obwohl das Grundstück noch nicht vollständig im Eigentum der Stadt ist, werden derzeit Überlegungen unter Beteiligung aller betroffenen Referate wie Kommunalreferat, Kulturreferat, Sozialreferat, Planungsreferat und Baureferat angestellt, wie und mit welchen Mitteln das Gebäude nutzbar gemacht werden kann.

Frage 5:
Werden die Ziele des ISEKs als Stadtratsbeschluss anerkannt?

Antwort:
Mit Stadtratsbeschluss vom 27.6.2012 (Sitzungsvorlagen Nr. 08-14/V09285) wurde auf Grundlage des integrierten Stadtteilentwicklungskonzepts (ISEK) Pasing das Sanierungsgebiet „Zentraler Geschäftsbereich Pasing“ förmlich festgelegt und integrierte Sanierungsziele beschlossen. Sanierungsziel ist auch die Aufwertung der öffentlichen Grünflächen und die Verbesserungder Angebote für Freizeit, Aufenthalt, Erholung und Naturerleben in der Würmaue.

Im ISEK wurde auch die Öffnung und Sanierung des Perlschneiderhofs als weitere Maßnahme im Schlüsselbereich Würmgrünzug vorgeschlagen. Mit Stadtratsbeschluss vom 14.12.2016 (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 07101) wurde der Programmeinsatz der Aktiven Zentren um vier Jahre bis zum 20.8.2020 verlängert und das ISEK fortgeschrieben. Zu diesem Zeitpunkt bereits erschien eine Projektumsetzung in der Programmlaufzeit als nicht realistisch, da ein Erwerb des Perlschneiderhofs nicht absehbar war. Daher wurden mit der Stadtratsbefassung zur Programmverlängerung keine Mittel für die Realisierung des Projekts beantragt.

Frage 6:
Wenn ja, wird hier gegen einen Stadtratsbeschluss verstoßen?

Antwort:
Da die Landeshauptstadt München nicht alleinige Eigentümerin des Grundstücks ist, hat sie nicht die Verfügungsgewalt über den Perlschneiderhof, so dass kein Verstoß vorliegt (s.o.).

Frage 7:
Wann laufen die Fördermöglichkeiten im Rahmen des ISEKs in Pasing aus?

Antwort:
Für den zentralen Geschäftsbereich Pasing werden seit dem Jahr 2009 Städtebauförderungsmittel eingesetzt und es wurden in diesem Zeitraum zahlreiche Maßnahmen umgesetzt und viele Aufwertungen erreicht. Lediglich einzelne Projekte konnten aufgrund fehlender Mitwirkungsbereitschaft nicht durchgeführt werden. Der Stadtrat soll voraussichtlich zum Jahresende 2020 mit dem Abschluss der Sanierung in Pasing befasst werden.

Frage 8:
Ist dem Kommunalreferat bekannt, dass unverschlossene, vertikale Öffnungen an Gebäuden in den gemäßigten Breiten mit seinem humiden Klima nicht zur langfristigen Verbesserung der Gebäudequalität beitragen?

Antwort:
Das Anwesen Manzingerweg 3 steht seit dem Jahr 2006 ungenutzt leer. Bestehende Zugänge und Fensteröffnungen zum Gebäude sind zur Vorbeugung gegen unbefugtes Eindringen fest verschlossen oder vergittert. Kleinere vorhandene Öffnungen in der Außenwand ermöglichen Durchlüftung und wurden nicht bearbeitet.

Frage 9:
Wann ist die Referatsleitung des Kommunalreferates endlich gewillt das historische Gebäude in seinem Bestand wenigstens zu sichern, um einen weiteren Verfall zu vermeiden?

Antwort:
Schäden am Gebäude und an den Außenanlagen werden grundsätzlich im Rahmen des Bauunterhalts behoben, soweit es für die Wahrung der Verkehrssicherungspflicht bzw. zum notdürftigen Erhalt der Bausubstanz erforderlich ist. Ein Sicherheitsdienst bestreift das Grundstück mehrfach pro Woche. Weiterführende Maßnahmen können erst geplant werden, wenn der Perlschneiderhof im Volleigentum der Landeshauptstadt München steht. Dies ist unbedingtes Ziel des Kommunalreferats.

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